Regisseur Christopher Nolan im Interview über seinen Film „Interstellar“, eine akribische Vorbereitung und den hohen Erwartungsdruck. Am 6.11. kommt das Science-fiction-Epos in die Kinos.
Hamburg. Um nicht weniger als das Überleben der Menschheit, das die Reise zu einem fernen Sternensystem sichern könnte, geht es im Science-Fiction-Epos „Interstellar“. Ein Gespräch mit Regisseur Christopher Nolan, dessen Film an diesem Donnerstag in die Kinos kommt.
Hamburger Abendblatt: Mr. Nolan, stimmt es, dass es Sie in der Vorbereitung auf „Interstellar“ zur Inspiration auch nach Deutschland verschlug?
Christopher Nolan: Wenn ich an einem Drehbuch arbeite, ziehe ich mich prinzipiell gerne zurück, weg von zu Hause und irgendwohin, wo ich einigermaßen ungestört bin. Ich will mich dann ganz auf die Arbeit konzentrieren, brauche aber auch ein inspirierendes Umfeld. Mein Komponist Hans Zimmer schlug mir dieses Mal Berlin vor. Und er hatte recht: Die Stadt ist wunderschön und steckt voller Inspiration, wie ich bei meinen langen Spaziergängen festgestellt habe.
Aber Sie haben nicht nach konkreten Anregungen gesucht, die Berlin-Kenner im Kino nun womöglich entdecken können?
Nolan: Nein, so spezifisch war die Inspiration dann doch nicht. Ich würde eher sagen, dass die Stadt mit all ihrer beeindruckenden Architektur und der vielen Kunst ganz allgemein meine Kreativität angeregt hat. Das war für mich in diesem Fall besonders wichtig. Denn wenn man sich – wie bei „Interstellar“ – viel mit dem Abstrakten beschäftigt, mit Dingen jenseits unserer Vorstellungskraft, dann kann man sich nicht ausschließlich mit der Wissenschaft auseinandersetzen. Man muss sich auch mit Kunst und Poesie beschäftigten, um eine Ausdrucksmöglichkeit dafür zu finden.
Sie waren schon als kleiner Junge ein Science-Fiction-Fan. Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis Sie tatsächlich mal mit einem Film ins Weltall aufgebrochen sind?
Nolan: Ich habe mich in meiner Arbeit einfach nie sonderlich um irgendwelche spezifischen Genres geschert. Zwar mag ich Actionfilme, Comic-Verfilmungen und Thriller gedreht haben. Aber eben nie um ihrer selbst willen. Mir ging und geht es immer in erster Linie um die Geschichte. Auch bei „Interstellar“ reizten mich Plot und Thema – und die führten eben notwendigerweise ins Weltall. Dort konkurriert man dann automatisch mit „2001: Odyssee im Weltraum“ und all den anderen inspirierenden Meisterwerken. Also muss man wirklich sichergehen, dass man eine Geschichte in den Händen hält, die unbedingt erzählt werden muss.
Ihr Protagonist in „Interstellar“ ist ein Abenteurer und Entdecker. Sehen Sie als Filmemacher sich eigentlich manchmal in einer ähnlichen Rolle?
Nolan: Zumindest versucht man als Regisseur im Idealfall immer, ein Entdecker zu sein. Man hofft schließlich immer, Dinge zu tun oder zu finden, die vor einem noch niemand gezeigt hat. Das erfordert mitunter viel Mut und Risiko, denn man muss überzeugt davon sein, dass man Lösungen für Probleme finden kann, die man am Anfang eines Projekts noch gar nicht kennt.
Um Ihre Filme betreiben Sie im Vorfeld große Geheimniskrämerei. Warum ist es Ihnen so wichtig, dass das Publikum vorab so gut wie nichts erfährt?
Nolan: Sie nennen das Geheimniskrämerei. Ich würde eher Privatsphäre sagen. In meinen Augen ist ein Film ein großes Spektakel, eine Art Zaubershow, die wir für die Zuschauer auf die Beine stellen. Kein Magier der Welt würde doch dem Publikum Einblick darin gewähren, wie er ein solches Ereignis vorbereitet, oder? Bevor der Film in die Kinos kommt, ist er nicht zu 100 Prozent fertig und damit auch nicht vorzeigbar. Mir gefällt das einfach nicht, wie viel der Zuschauer heute schon über einen Film weiß, bevor er ins Kino geht. Das ist doch genau wie einem Kind, das schon vor Weihnachten seine Geschenke auspackt: Die Überraschung ist weg, und die Enttäuschung meist groß!
Daran, wie sehr die Leute vorab nach Infos gieren, erkennt man natürlich auch die enormen Erwartungen an Ihre Filme. Zerbrechen Sie sich darüber manchmal den Kopf?
Nolan: Hohe Erwartungen sind ja Fluch und Segen gleichzeitig. Natürlich kann man daran immer scheitern. Aber prinzipiell freue ich mich, dass die Leute viel von mir erwarten. Denn das heißt ja, dass ihr Interesse an meiner Arbeit groß ist. Und die Chance, dass sie alle auch ins Kino gehen, ebenfalls.
„Interstellar“ ab Do 6.11. im Cinemaxx Dammtor (auch OF)/Harburg/Wandsbek, Savoy (OF), Studio-Kino, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; eine Kritik lesen Sie heute in Hamburg LIVE