Vox setzt mit neuer Serie „Dracula“ auf schaurig-erotische Weltflucht. Der Look ist opulent, der Sound dunkel wummernd. Der Fürst der Finsternis versucht auch mit ökonomischen Mitteln Vergeltung.
Der Vampir-Trend in Film und Fernsehen ist ebenso schwer totzukriegen wie die Protagonisten, von denen die Geschichten erzählen. Derzeit können Kino-Gänger in „Dracula Untold“ mehr über die Familiengeschichte des Grafen erfahren. Mit „Fünf Zimmer Küche Sarg“ kommt am 30. Oktober eine Vampir-Satire dazu. In den USA ist soeben die Serie „True Blood“ nach sieben erfolgreichen Staffeln zu Ende gegangen. Der dramatische Saft, der aus der Mixtur von dunklem Schicksal und wilder Romantik entsteht, ist offenbar allzu verlockend. Und auch Vox setzt nun mit seiner neuen Serie „Dracula“ auf schaurig-erotische Weltflucht.
Wenig hoffnungsfroh stimmt dabei, dass der US-Sender NBC, der „Dracula“ in Auftrag gab, das Projekt nach nur einer Staffel einstellte. Vielversprechend klingt andererseits, dass die Produzenten der englischen Erfolgsserie „Downton Abbey“ am Werke waren. Die Story ist im späten 19. Jahrhundert angesiedelt. Getarnt als Geschäftsmann Alexander Grayson gibt Dracula (Jonathan Rhys Meyers) seinen Einstand in der Londoner High Society. Der Look ist opulent, der Sound dunkel wummernd, die Sprache leicht gestelzt. Die Damen tragen hochgestecktes Haar sowie eng taillierte Kleider und betrachten den Neuankömmling mit neugierigem bis schmachtendem Wohlwollen. Die Männer wittern Konkurrenz und geben sich skeptisch. So gut, so erwartbar.
Ein recht amüsanter Kniff ist, dass der Fürst der Finsternis die viktorianische Gesellschaft ausgerechnet mit scheinbar magisch leuchtenden Glühbirnen beeindrucken möchte. Doch Dracula ist nicht nur am Fortschritt interessiert, sondern will vor allem Rache nehmen an den Nachfahren derer, die ihn zum Vampir gemacht haben. Unterstützt wird er dabei ausgerechnet von Abraham van Helsing (Thomas Kretschmann), der bei Bram Stoker eigentlich Draculas Jäger ist. Seine Vergeltung will Grayson nicht bloß mit gewalttätigen, sondern auch mit ökonomischen Mitteln durchsetzen. Dass er dabei zugleich gegen Korruption und soziale Missstände vorgehen möchte, ist ein weiterer interessanter Dreh. Dracula als Humanist? Die zehn Folgen der Serie werden es zeigen.