Drei Stunden Unterhaltung: „Ich, Gunter Gabriel“ begeisterte im Altonaer Theater
Hamburg. Respekt. Dieser Mann hat die Standing Ovations verdient. Nach knapp drei Stunden Bühneneinsatz und insgesamt 40 Liedern scheint der singende, übergewichtige Tanzbär Gunter Gabriel nur unwesentlich aus der Puste. Beflügelt von der Begeisterung seines Publikums gibt er sein Bestes und das ist aller Ehren wert.
Hierzulande, so schätzt er, kennen ihn eine Million Menschen. 500.000 hielten ihn für einen Idioten, die andere Hälfte seien seine Fans. Und von letzteren war diese halbe Million gefühlt anwesend, selbst wenn das Altonaer Theater an diesem Abend beileibe nicht gefüllt war.
Gabriel, 72 Jahre alt, ist ein Stehaufmann erster Güte, ein Malocher zwischen ganz oben und ganz unten, ein Lebens- und Überlebenskünstler. Er ist einer, der sagt, was Sache ist, notfalls hilft er mit körperlichem Einsatz nach, wenn ihm die Sicherungen durchbrennen. Kurzschluss hat es oft in seinem Leben gegeben. Auch davon handelt seine Show „Ich, Gunter Gabriel – Mein Leben mit Musik“.
Schon der Titel ist eine Herausforderung: „Ich, Gunter Gabriel“. Schmückende Girlanden und pseudointellektueller Schmus sind eben nicht seine Sache, weder im Leben noch in seinen selbst getexteten und komponierten Liedern. Ungeschminkt, selten larmoyant, zieht er jetzt Bilanz und lässt sozusagen die Hosen herunter: klare Aussagen, klare Kante, ehrlich. Wie „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“.
Gabriel, der einzige ernst zu nehmende Countrysänger hierzulande, ist ehrlich in seiner Kunst und in seiner Haltung. Schon deswegen hat er im Musikhimmel eine kleine Ecke verdient, wo er sich mit seinen Vorbildern und erklärten Lebensrettern Johnny Cash und Elvis Presley Gitarre spielend und singend austauschen kann.
Weil aber Gunter Gabriel offenbar als Alleinunterhalter, unterstützt von einer kompetenten Band unter Harry Ermer, nicht reicht, hat ihm Regisseur Volker Kühn auch noch eine Rahmenhandlung erdacht, die schon wegen ihrer dümmlichen Dialoge als Brücke für das nächste Lied verzichtbar ist: Nach einem Unfall liegt Gabriel tot da. Ein Engel (Lillemor Spitzer) ermuntert ihn, sein Leben zu erzählen, bevor er ihn mitnimmt ins Jenseits. Im Pakt mit der himmlischen Macht aber wird die bohrende Frage immer wieder gestellt, wer Gabriel denn nun sei. Die ist ganz einfach zu beantworten: Ein unbequemer Könner, der sich nie hat verbiegen lassen.
„Ich, Gunter Gabriel – Mein Leben mit Musik“ 16. bis 26. 10. jeweils 20 Uhr, Altonaer Theater