Komiker Bastian Pastewka über die siebte Staffel seiner Sat.1-Sitcom, deutschen Humor, Hugo Egon Balder und den Wunsch nach einer Hamburg-Folge.
Berlin/Hamburg. Ein Gag-Schreiber hätte es nicht besser machen können. Bastian Pastewka muss während des Gesprächs kurz schlucken, dann etwas trinken und entschuldigt sich sogleich: „Sie merken, ich habe Fliegen in meinem Arbeitszimmer.“ Seit fast zwei Jahrzehnten, seit den Anfängen der Sketchsendung „Die Wochenshow“ auf Sat.1., gehört der heute 42-Jährige zu den beliebtesten deutschen Komikern im Kino („Der Wixxer“, „Neues vom Wixxer“) und im Fernsehen.
Nach zahlreichen Auszeichnungen, darunter die Goldene Kamera der „Hörzu“ und der Adolf-Grimme-Preis (zusammen mit Anke Engelke), erhielt Pastewka 2013 zum zweiten Mal den Deutschen Comedypreis als bester Schauspieler. Mit der siebten Staffel der Sitcom „Pastewka“, die in diesem Jahr bereits ihr zehntes Jubiläum feiert, tourt er von nächster Woche an als Moderator seiner selbst durch die großen Kinosäle der deutschen Großstädte – erstmals mit allen Folgen, auch im Hamburger Cinemaxx.
Hamburger Abendblatt: Herr Pastewka, was hat Sie denn geritten, solch eine Mammut-Kinotournee zu machen? Die Abende sollen ja vier Stunden oder sogar mehr dauern ...
Bastian Pastewka: Ja, wir sind verrückt, aber unsere Serie „Pastewka“ ist ja auch bei den sogenannten Binge-Watchers beliebt, also bei jenen sympathischen Freaks, die an einem Wochenende eine komplette Staffel von „Game of Thrones“ oder „House of Cards“ durchgucken. Binge-Watching habe ich übrigens schon vor 20 Jahren gemacht, als man den Begriff noch nicht kannte. Da bin ich in die Videothek gegangen und hab mir die komplette erste Staffel von „Raumschiff Voyager“– das waren damals zwölf Kassetten – ausgeliehen und hab die bis unters Kinn auf meinen Armen durch die Stadt getragen. Dann hab ich sie mir zu Hause angeguckt. Fantastisch, aufregend: Niemand ruft an, du bestellst alle vier Folgen ’ne Pizza, musst nicht duschen und guckst „Voyager“. So ähnlich ist es bei „Pastewka“ auch. Jede unserer Folgen ist 22 Minuten lang, das Ganze mal zehn, das sind 220 Minuten, knappe vier Stunden – das ist natürlich für Hardcore-Glotzer wahnsinnig wenig.
Es heißt, es sei „die bisher bekloppteste“ Staffel?
Pastewka: Wir haben ein paar hübsche Geschichten beisammen: Bastian stattet sein Haus mit Kameras aus, um den Postboten zu überwachen. Oder er spielt den Kranken, um in Ruhe gelassen zu werden. Und wieder enthalten ist eine Traumfolge mit dem von mir sehr verehrten Hugo Egon Balder. Es kann sein, ich betone, es kann sein, dass das sein letzter Auftritt bei uns ist.
Balder betreibt in Hamburg ja auch eine Musikkneipe ...
Pastewka: Ich möchte allein schon deshalb noch eine weitere Staffel machen, weil ich endlich eine Hamburg-Folge drehen will. Man könnte ja erzählen, dass Bastian zu „Inas Nacht“ muss, und Hugo Egon Balder fährt ihn hin. Da fällt mir übrigens ein: Ich war schon bei „Inas Nacht“, und das war ein wirklich großer Spaß.
Wie erklären Sie sich den langjährigen Erfolg Ihrer Serie?
Pastewka: Wir sind immer noch so fröhlich wie am Anfang. Am Ende des Tages sind wir eine klassische Familienserie, allerdings mit Pointen. Wir locken wahrscheinlich einen ähnlichen Zuschauerstamm zu uns wie Sendungen wie „Der Bergdoktor“ oder „Notruf Hafenkante“.
Das ist ja eher Krimi. Interessiert bei „Pastewka“ nicht doch am meisten die Hauptfigur, sprich Sie selbst?
Pastewka: Ich bin sicher, dass man es spannend finden kann, dass ich mich selber spiele und auch prominente Gäste mit dabei sind. Aber bei genauer Betrachtung ist „Pastewka“ doch eine Ensemble-Serie: Wir leben nicht von „dem Pastewka“ und seinen Problemen, wir leben von den glaubhaften und wahrhaftigen Figuren um ihn herum. Sowohl seine Familie als auch zum Beispiel der verschlagene Handyverkäufer, der Polizist, der Postbote, der wirre Taxifahrer oder der anstrengende Müllmann mit diesem kölschem Akzent, der Bastian immer wieder sagt, wie er seinen Müll zu trennen hat. Diese Figuren sind überlebenswichtig für den Spaß an der Serie.
Sie selbst sind dank Figuren wie Brisko Schneider und Ottmar Zittlau in der Sat.1-„Wochenshow“ populär geworden.
Pastewka: Den Ottmar Zittlau spiele ich immer wieder gern. Wenn es unbedingt sein muss, auch auf Weihnachtsfeiern oder bei Autohauseröffnungen. Und Brisko Schneider erlebt eine Rückkehr in der siebten Staffel von „Pastewka“. Beide sind meine Lieblingsfiguren aus der „Wochenshow“-Zeit, und ich durfte sie mitentwickeln. Zumindest gaben mir die Macher damals das Gefühl, ich sei beim Erfinden von Comedy-Charakteren recht schnaffte ...
... schnaffte?
Pastewka: Das ist ein Berliner Ausdruck. Das heißt, dass ich ein toller Hecht bin.
Danke, sonst wären wir in Hamburg jetzt bedröppelt ...
Pastewka: Das verstehe ich. Gut, dass wir das geklärt haben. Es gibt ja Wörter wie zum Beispiel „gebenedeit“ , die allmählich aus dem deutschen Sprachschatz herausfallen.
Und der deutsche Humor, wie steht es um den?
Pastewka: Der deutsche Humor ist für mein Empfinden gar nicht so spezifisch wie der in Rest-Europa. Es wird sehr oft gesagt, dass der englische Humor der beste sei, tiefschwarz. Da käme man ja als Nicht-Engländer gar nicht heran. Ich glaube das bis heute nicht. Aber ich wünschte mir, dass man sich im deutschen Fernsehen – wohlgemerkt nicht auf deutschen Comedy-Bühnen – jetzt doch allmählich mal aus der Reserve traut und mal entschieden lustige Sachen zulässt und nicht immer nur Halbgares oder zwingend Familientaugliches.
Zu welchen Themen?
Pastewka: Die sind präsenter denn je. Die ZDF-„heute show“ macht ja Woche für Woche richtig gute aktuelle Gags und haut zur Sicherheit noch ein paar Politiker in die Pfanne. Fantastisch. Und ich glaube, dass man sich die „heute show“ nicht nur wegen des brillanten Konzepts anschaut, sondern gerade wegen Oliver Welke und seines Teams. So wie man sich Christoph Maria Herbst in „Stromberg“ sehr gern anguckt, Olli Dittrich in „Dittsche“ und den tollen Bjarne Ingmar Mädel als „Tatortreiniger“.
Welcher deutsche Sender ist denn der komödiantischste? Der Ruf von Sat.1 hat ja gelitten ...
Pastewka: Nichts gegen mein Sat.1, bitte sehr: Kein anderer deutscher Sender außer Sat.1 hätte mit uns diese wahnsinnig lange Reise von „Pastewka“ mitgemacht. Und dort läuft „Homeland“, „House of Cards“, „Sons of Anarchy“ oder „The Americans“. Aber klar: Als Sitcom aus Deutschland sind wir mit „Pastewka“ dort inzwischen die letzten Mohikaner, sind als Letzte übrig – hoffentlich merkt das keiner.
Und wann geben Sie Ihr Bühnen-Comeback?
Pastewka: Es ist schon da: „Paul Temple und der Fall Gregory“ ist ein Hörspiel-Krimi aus den 40er-Jahren. Ein verschollener Radio-Klassiker nach Francis Durbridge, dessen Skript erst vor Kurzem wiedergefunden wurde. Wir lesen mit verteilten Rollen auf der Bühne, und das wird sowohl spannend als auch komisch. Ab November sind wir damit auf Tour, und Anfang Februar 2015 im St. Pauli Theater: Inga Busch, Janina Sachau, Alexis Kara, Kai Magnus Sting und ich. Und wer die legendäre Paul-Temple-Hörspielserie kennt, der weiß, dass am Schluss stets alle Verdächtigen in einem Raum zusammengeführt werden und der Detektiv Temple spektakulär die Lösung des Falles präsentiert. Diese Rolle darf ich ausführen.
„Pastewka“ Kinotour Mi 27.8., 19.30 Uhr, Cinemaxx Dammtor, Saal 1, Karten: 24,90 Euro; Internet: www.cinemaxx.de/pastewka
„Pastewka“ Beginn 7. Staffel mit Special, Fr 5.9., 22.50 Uhr, Sat.1; DVD u. Blu-Ray ab 5.9. im Handel; www.bastianpastewka.de