Mit mehr als 5000 Besuchern konnten die Privattheatertage in ihrem dritten Jahr ihre Wahrnehmung erneut steigern. Zum Finale wurden die Monica-Bleibtreu-Preise verliehen.

Hamburg. Eine hagere Männerpuppe mit Spinnenfingern hat die Zuschauer am meisten verführt. Der von drei Schauspielern toll zum Leben erweckte „Don Quijote“, Untertitel: „Ein Traumspiel nach Telemann“, vom Theater des Lachens in Frankfurt an der Oder überzeugte bei den diesjährigen Privattheatertagen mit seiner surrealen Erzählung, einfachen Mitteln und wundervollem Streichquartett. Dafür trägt die Produktion nun verdient den Publikumspreis nach Hause.

Die dritte Ausgabe der Privattheatertage ist beendet und sie war ein voller Erfolg. Mehr als 5000 Besucher kamen, die Veranstalter dürfen sehr zufrieden sein. Die zwölf Vorstellungen erreichten eine Auslastung von 86 Prozent in allen Spielstätten. Auch inhaltlich war es der bislang schlüssigste Jahrgang mit Produktionen, die sich insgesamt auf einem erfreulich hohen Niveau bewegten und bewiesen, dass auch jenseits der finanziell deutlich besser ausgestatteten Staatstheater künstlerisch einiges möglich ist. Staunenswertes und Preiswürdiges fand sich da ausgerechnet in der häufig so belächelten „Theaterprovinz“, etwa in Melchingen auf der Schwäbischen Alb. Berührendes, begeisterndes Theater braucht eben nicht nur eine natürlich wünschenswerte gute finanzielle Basis, sondern auch eine Vision und künstlerisches Wagnis. Wie in den Vorjahren wurden bei der von Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen in den Kammerspielen moderierten Abschlussgala nach dem Urteil einer neunköpfigen Hamburger Jury drei Monica-Bleibtreu-Preise sowie der Publikumspreis vergeben. Alle Preise sind undotiert.

Hochverdient gewann in der Kategorie (Moderner) Klassiker „Unter dem Milchwald“ nach Dylan Thomas vom Metropoltheater München in der Regie von Ulrike Arnold. Ein tolles fünfköpfiges Ensemble bediente eine kleine Drehbühne und verwandelte sich mit großer Verkleidungs- und Spiellust in die skurrilen Bewohner des walisischen Dorfes Llareggub. Theater, das sprachmächtig und mit viel Tempo und Humor von den kleinen Dramen des Alltags erzählt. Ein echter Höhepunkt.

Die Kategorie war die stärkste des Jahrgangs, auch Publikumssieger „Don Quijote“ in der Regie von Frank Soehnle hatte sich hier beworben. Die von der bremer shakespare company in eine Burn-out-Klinik verlegte Rollen- und Liebestherapie „Romeo und Julia“ zeigte konzeptionelle Schwächen, erfreute ihr Publikum aber mit beherztem Spiel.

In der Kategorie (zeitgenössisches) Drama wurde „Homo Faber“ nach dem gleichnamigen Roman von Max Frisch in einer Version des Theaters Lindenhof Melchingen mit dem Monica-Bleibtreu-Preis geehrt. Die Inszenierung glänzte mit Großkameraeinsatz und hervorragenden Darstellern.

Aber auch Wolfgang Borcherts 1947 in den Hamburger Kammerspielen uraufgeführtes Kriegsheimkehrer-Drama „Draußen vor der Tür“ vom Theater der Altstadt Stuttgart lieferte einen würdigen Festival-Auftakt ab. In der Regie Wilfried Alts hatte es mit dem besonders gefeierten Philipp Alfons Heilmann in der Hauptrolle des Beckmann ein überzeugendes Gesicht und setzte zudem auf aktuelle Bezüge wie Soldatentraumata nach Afghanistan-Einsätzen. In dieser Kategorie griffen die Theatermacher mehrfach Realitäten mutig auf, so reflektierte das Zimmertheater Tübingen in „Morgen spricht von mir die ganze Welt“ den Amoklauf mit vielen Toten in Mühlhausen 1913.

Deutliche Schwächen zeigte dagegen die Kategorie Komödie. Niveau und der Humor der vier nominierten Produktionen waren doch recht durchwachsen. „Achtung Deutsch!“, eine Komödie um eine Multikulti-WG vom Bonner Contra-Kreis-Theater gewann hier, obwohl stark auf ein rheinländisches Publikum getrimmt, den Monica-Bleibtreu-Preis. Regisseur Jochen Busse übertrieb es zuweilen mit Dialekten und Klischees.

Auch in diesem Jahr wurde die Leistungsschau, die sich ausdrücklich nicht mit dem Theatertreffen Berlin der subventionierten Stadttheater vergleichen will, möglich dank Fördergeldern in Höhe von 450.000 Euro aus dem Etat des Staatsministeriums für Kultur und Medien. Diese Gelder sind auch weiterhin gesichert, die Privattheatertage werden also auch 2015 stattfinden. Das Festival rückt stärker noch als in den Vorjahren die Bedeutung und Vielfalt der Privattheater in ein differenzierteres Licht jenseits von Boulevardklischees und reinem Dienstleistungsanspruch dem Zuschauer gegenüber. Die Hamburger Sängerin Marie Biermann bereicherte musikalisch die Abschlussgala. Ihr erster Liederabend hieß „Vom donnernden Leben“. Ein Titel, der auch als Motto für die künftigen Privattheatertage gelten könnte.