Bei „Rock am Ring“ wird gefeiert, gegrölt, getanzt. Zum letzten Mal in der Eifel. 2015 wird vieles anders: Der Klassiker unter den Festivals zieht um, am Nürburgring steigt ein neues Event.
Nürburg. Harte Gitarrenklänge treffen in diesem Jahr bei „Rock am Ring“ auf eine Portion Wehmut. Der Klassiker unter den Festivals nimmt Abschied von der Eifel. Noch einmal zieren „RAR“-Schriftzüge die Autos rund um den Nürburgring – dann ist Schluss, knapp 30 Jahre nach der Premiere. Veranstalter Marek Lieberberg und der neue Ring-Besitzer Capricorn konnten sich nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen. Nun zieht Lieberberg möglicherweise mit dem Namen Rock am Ring nach Mönchengladbach um. In der Eifel wird 2015 ein neues Event namens „Grüne Hölle – Rockfestival am Nürburgring“ an den Start gehen. So mancher der insgesamt 82 500 Fans bedauert das.
Einer von ihnen ist Stefan aus der Nähe von Frankfurt. Der 43-Jährige kommt seit vielen Jahren. „Ich habe hier einiges erlebt – und das ist mit „Rock am Ring“ verbunden“, sagt er. Er könne sich nicht vorstellen, dass es das in dieser Form künftig nicht mehr gebe. Satte 20 Jahre jünger ist Sarah Schmidt, die das erste Mal dabei ist. „Schade, dass es gleich das letzte Mal ist“, sagt sie. Viele Fans auf dem Gelände sind sich nicht sicher, ob sie im kommenden Jahr eher dem Ring als Standort oder dem Namen Rock am Ring die Treue halten werden. Es komme darauf an, wer bessere Bands biete, ist immer wieder zu hören.
Sollten die Pläne Lieberbergs und die des künftigen Veranstalters von „Grüne Hölle“, der Deutschen Entertainment AG (Deag), Wirklichkeit werden, stehen im kommenden Jahr zwei große Festivals in direkter Konkurrenz zueinander. Schon während „Rock am Ring“ 2014 wird auf Plakaten und einer Videoleinwand eifrig für die „Grüne Hölle“ vom 5. bis 7. Juni 2015 geworben. Der Geschäftsführer der Capricorn Nürburgring GmbH, Carsten Schumacher, umschrieb das kürzlich so: „Am Ende des Tages belebt Wettbewerb das Geschäft.“ Die Frage dürfte sein, ob zwei nur rund 130 Kilometer entfernte große Musikevents jeweils genügend Besucher anlocken.
Blick zurück
Welch immense Entwicklung „Rock am Ring“ in der Eifel genommen und wieviel Tradition es hat, zeigt der Blick zurück. Bei der ersten Ausgabe 1985 traten noch Chris de Burgh, Joe Cocker und Marius Müller-Westernhagen auf. Waren es damals 17 Künstler auf einer Bühne, sind es 2014 mehr als 90 auf drei Bühnen. Die Liste derer, die am Ring dabei waren, liest sich wie ein Who is Who der Musikgeschichte. Da waren etwa David Bowie, Udo Lindenberg, Bryan Adams, Bob Dylan, Elton John, Bon Jovi, Guns N'Roses, Rammstein und die Toten Hosen, die stets betonten, dass Ring-Auftritte etwas Besonderes sind. Top Acts 2014 sind Iron Maiden, Linkin Park, Kings of Leon und Metallica.
Und die Historie ist voller Anekdoten. 1997 etwa schlug während eines Gewitters beim Auftritt von Chris Rea ein Blitz in eine Trafostation ein, der Strom war eine Zeit lang weg. Mal erntete Leonard Cohen Pfiffe aus dem Publikum, Veranstalter Lieberberg kam auf die Bühne und befriedete die Situation. 2008 kletterte Hosen-Sänger Campino mit gebrochenem Bein auf das Dach der großen Bühne. In diesem Jahr sorgten etwa die britischen Altrocker von Iron Maiden für ein Highlight, als Frontmann Bruce Dickinson Schlagzeuger Nicko McBrain einen Hut mit Geburtstagstorte überreichte. McBrain wurde am Tag des Auftritts 62 Jahre alt. Zehntausende stimmten ein „Happy Birthday“-Ständchen an.
Und da ist noch das berüchtigte Eifel-Wetter, das oft binnen kurzer Zeit das ganze Spektrum von Sonnenschein, über Nebel bis zu Wolkenbrüchen parat hat und bisweilen für die typisch schlammige Festival-Optik sorgt. All diese Dinge sind verknüpft mit dem Namen Rock am Ring und den Verantwortlichen, was die Fans nicht vergessen haben. „Danke Marek“, ist auf einem Plakat zu lesen. Ein Zuschauer hat seine Botschaft auf einen Bierkarton gekritzelt. „Grüne Hölle Rockfestival – verpiss dich“, steht darauf geschrieben.