Elbjazz-Organisatorin Tina Heine und Herbert Aly, Chef von Blohm + Voss, sprechen im Doppelinterview über den perfekten Ort für ein Musikfestival. Einer der Stars beim Elbjazz ist Gregory Porter.
Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider trifft sich mit bekannten Hamburgern auf ein Getränk ihrer Wahl. Ist das Glas leer, ist das Gespräch zu Ende. Diesmal bestellen Tina Heine, Gastronomin und Organisatorin von Elbjazz, und Herbert Aly, Chef von Blohm + Voss, zwei Tassen Kaffee.
Hamburger Abendblatt: Hier die Musikmanagerin und Gastronomin, dort der Werftchef, eine ungewöhnliche Kombination. Frau Heine, Herr Aly, wie haben Sie zueinander gefunden?
Herbert Aly: Am besten ich fange an, ich bin näher an der Wahrheit (lacht). Ich war 2009 mit einem Bekannten von Frau Heine segeln, und hatte eine einzige CD dabei, Morning Dance von Spyro Gyra. An einem Flautentag hörten wir das Album immer und immer wieder, und irgendwann gefiel es auch meinem Freund. Wochen später, zurück in Deutschland, rief er mich an und fragte, ob er angesichts meines Interesse an der Musik meine Telefonnummer an eine gute Freundin weitergeben dürfte, die hätte etwas Besonderes vor. 20 Minuten später hatte ich Tina Heine zum ersten Mal am Apparat.
Weil Sie auf einem Segelschiff eine CD mit hatten, ist das Elbjazz-Festival heute bei Blohm + Voss?
Aly: Ja, genau. Aber es kommt noch besser.
Lassen Sie mich vorher Frau Heine fragen, ob Sie von Anfang an mit dem Festival auf Ihre Werft wollte.
Tina Heine: Das war mein Wunschort, und ich hatte vorher schon über einen anderen Bekannten versucht, Kontakt zu Herbert Aly zu bekommen. Aber funktioniert hat es erst nach der Segeltour.
Aly: Dann hat es etwa ein halbes Jahr gedauert, bis wir uns getroffen haben.
Warum hat das solange gedauert?
Aly: 2009 war ein schwieriges Jahr, die Schifffahrtskrise lief, und für Blohm stellte sich die Frage, wie beziehungsweise ob es weitergeht. Da konnte ich mich nun wirklich nicht mit den Planungen eines Festivals auf dem Werftgelände beschäftigen.
Wann war es dann soweit?
Heine: Am 23. Dezember 2009. Ich erhielt ganz kurzfristig einen Anruf: Wenn ich jetzt ins Café Paris kommen könnte, hätte Herbert Aly genau eine Stunde Zeit. Da habe ich natürlich alle ungekauften Geschenke ungekauft gelassen und bin hin.
Aly: Aus der einen Stunde wurden am Ende sechs, und auch mein Weihnachtseinkauf fiel ins Wasser.
Sie haben einen Tag vor Weihnachten sechs Stunden über das Elbjazz und Blohm + Voss gesprochen? Die Geschichte glaubt Ihnen keiner.
Heine: Sie stimmt aber (grinst).
Und worüber haben Sie solange geredet?
Heine: Wir haben über alles Mögliche gesprochen. Über Unternehmergeist, über Segeln, über Sachen machen, vielleicht auch über Musik.
Herr Aly, spielte Jazz in ihrem Leben bis dahin überhaupt eine Rolle?
Aly: Ich höre gern Jazz, also alles bis zu dem experimentalen, da steige ich aus.
Heine: Da steige ich ein.
Aly: Bei mir muss es gängig sein, ich muss es gerne hören.
Und wie endete das Gespräch?
Aly: Ich wusste nun, worum es ging. Und ich musste Tina Heine erklären, wie schwierig es ist, auf einem Werftgelände Konzerte zu machen, gerade angesichts der damaligen Lage von und der Unsicherheiten um Blohm + Voss. Ich konnte keine Zusagen machen.
Heine: Ich habe trotzdem schon mal angefangen, mit Blohm zu planen (grinst). Und ein paar Wochen später hat er mir dann ja auch endlich sein Okay gegeben. Manchmal muss man Tatsachen schaffen, dann treten sie auch ein.
Aly: Das meinte ich mit insistierendem Charme.
Was hätten Sie gemacht, wenn Frau Heine nicht weiter angerufen hätten?
Aly: Ich hätte die Sache auf sich beruhen lassen. Aber Tina ist wie ein guter Verkäufer: Vorne raus, hinten wieder rein.
Frau Heine, warum wollten Sie denn so unbedingt zu Blohm + Voss?
Heine: Weil Blohm + Voss Hamburg ist, und jeder es kennt, zumindest den Blick von den Landungsbrücken aus. Aber kaum jemand weiß, wie es von der anderen Seite aussieht, und kaum jemand weiß, was Jazz wirklich ist. Deshalb wollte ich Blohm und das Festival zusammen bringen. Ich wollte einen doppelten Perspektivwechsel auslösen, und dafür ist der Ort perfekt.
Kommen die Leute heute zum Festival, weil sie unbekannte Musik oder weil sie einen unbekannten Ort kennenlernen wollen?
Heine: Viele lockt das Abenteuer Hafen. In Umfragen sagen nur zwanzig Prozent der Besucher, dass sie Jazzfans sind. Bei allen anderen ist es eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, Stichwort: Event.
Herr Aly, das klingt nach einem neuen Geschäftsmodell für Blohm?
Aly: Das Gelände ist schon interessant für andere Nutzungen, diese Mischung aus moderner Industrie und Wasser, und das mitten in einer Metropole. Die Anfragen für Konzerte und Spielfilme haben zugenommen, unsere Gruppenführungen sind sowieso ausgebucht.
Heine: Diese Woche wird ein Spielfilm gedreht.
Aly: Und zudem ist die „Queen Elizabeth“ im Dock.
Heine: Das ist das absolute Highlight, und das wird es auch so schnell nicht wiedergeben. Hatte ich eigentlich gesagt, dass wir das Festival ursprünglich Hot Dock nennen wollten (lacht)?
Aly: Das hätte dir so gepasst.
Was sagen die Blohmer zu dem Festival?
Aly: Anfangs war sicherlich die Skepsis im Vordergrund, als die Musiker anfingen zu proben, haben sich meine Leute über den Lärm beschwert und wahrscheinlich gedacht: Jetzt dreht der Vorstand ganz ab. Mittlerweile ist die Mehrheit stolz, das Unternehmen zeigen zu können und freut sich zu sehen, dass sich so viele Menschen für Blohm interessieren.
Und wie reagieren die Musiker auf den ungewöhnlichen Ort?
Heine: Manche kommen in der Nacht im Tourbus und wissen gar nicht, wo sie hinfahren. Die steigen dann morgens aus dem Bus und denken: Wo bin ich denn hier? Was ist das denn? Aber dann ist die Resonanz großartig, weil das Gelände natürlich sehr inspirierend ist.
Beschweren sich die Musiker ihrerseits über den Lärm der Blohmer?
Heine: Total (lacht). Die improvisieren teilweise zu den Geräuschen auf der Werft, nehmen sie in ihre Musik auf. Die Werftarbeiter und die Jazzer haben ja einiges gemeinsam: beide sind bodenständig, kreativ, pragmatisch. Das passt.
Passt denn auch die wirtschaftliche Seite? Oder, anders gefragt: Hat der Kaufmann Herbert Aly die Künstlerin Tina Heine auch mal gefragt, wie sich das Ganze rechnet? Auch was das angeht, prallen ja zwei Welten aufeinander.
Heine (lacht lange): Wir sind wirklich zwei Welten.
Aly: Wir hatten schon das eine oder andere Gespräch über das Thema, und ich war nicht der einzige, der Tina bearbeitet hat, damit sie endlich mal die Preise erhöht. Aber das ist nicht ihr Ding.
Heine: Geld verdienen war für mich noch nie die Triebkraft, bestimmte Dinge zu tun.
Aber da könnten Sie doch von Herrn Aly etwas lernen.
Heine: Ich lerne auch ständig, und außerdem habe ich Mathematik studiert und kann sehr gut mit Zahlen umgehen. Aber mich interessiert Geld nun mal primär nicht. Dennoch habe ich dieses Jahr hart an den Budgets gearbeitet, schließlich soll es Elbjazz ja noch viele Jahre geben und das bin ich meinen Partner schuldig.
Apropos Partner: Nach Herrn Aly haben Sie jetzt auch ausgetrunken...
Heine: Mist, ich habe nicht dran gedacht, dass dann das Gespräch zu Ende ist...
Das Elbjazz Festibval findet am 23. und 24. Mai am Hamburger Hafen statt. Es stehen Stars wie Gregory Porter, Dianne Reeves, Rebekka Bakken und Ulita Knaus auf der Bühne.
Alle Infos unter www.elbjazz.de
.