Kulturelle Veranstaltungen gibt es reichlich in und um Hamburg, aber welche haben den Lesern des Hamburger Abendblatts in den vergangenen Wochen besonders gefallen? Und welche gar nicht?

Hamburg. Kulturelle Veranstaltungen gibt es reichlich in und um Hamburg, aber welche haben den Lesern des Hamburger Abendblatts in den vergangenen Wochen besonders gefallen? Und welche gar nicht? Das frisch zusammengestellte Leserkritiker-Team, das jeden Monat durch einen wechselnden Kritiker im Schulalter ergänzt wird, hat sich auf den Weg gemacht, hat Theater, Galerien und Konzerte besucht und das Erlebte aufgeschrieben. Von der Kiez-Komödie bis zur Musik von Carl Philipp Emanuel Bach reicht das Spektrum. Viel Vergnügen beim Nachlesen!

Gute Laune in den Kammerspielen

Gute Laune garantiert das Stück „Ziemlich beste Freunde“ an den Hamburger Kammerspielen!

Als Patrick Abozen als Driss zum ersten Mal an diesem Abend auftritt, bringt er sofort eine spritzige und pulsierende Energie auf die Bühne. Mit ihm zieht Lebensfreude und Spaß in das bisher triste Leben des gelähmten Philippe ein. Das Zusammenspiel von Abozen als cool-lässiger Driss, der immer einen guten Witz und lockeren Spruch parat hat, und Hardy Krüger jr. als Philippe, der unter dem Einfluss von Driss immer weiter aufblüht und anfängt zu lächeln, ist grandios.

Die Charaktere werden von den beiden aufgrund ihres körperlichen Spiels total authentisch dargestellt: Die beiden sind einfach Driss und Philippe! Die Geschichte, nach der französischen Erfolgskomödie aus dem Jahr 2011, ist gut und dicht erzählt, sie sprüht vor jeder Menge Witz und Charme. Es gibt immer wieder viele Lacher, das Publikum geht mit. Die coole Rap-Musik von 2Pack, zu der Driss energetisch tanzt, macht gute Laune und schafft Atmosphäre. Andrea Lüdke glänzt als Philippes anfangs unterkühlt wirkende, korrekte Assistentin Magalie, die sich später von Driss sogar zu einem ausgelassenen Tanz hinreißen lässt. Ich bin während des ganzen Stücks total in der Geschichte drinnen und habe ein Lächeln im Gesicht und am Ende gibt es viel von Herzen kommenden Applaus.

„Ziemlich beste Freunde“ Vorstellungen bis 25.5., Hamburger Kammerspiele, Hartungstraße 9–11; www.hamburger-kammerspiele.de

(von Christiane Mahnke, 28, Jurastudentin)

Zauberhafte Kunst im kleinen Salon

Der Zauberer Wittus Witt öffnet den Gästen selbst die Tür seiner Galerie-W. Die schwarze Kleidung und der rote Schal passen perfekt zu seinen weißgrauen Haaren und den stahlblauen Augen. Zur Begrüßung gibt es Prosecco, Canapés und Small Talk.

Dann beginnt für 20 Zuschauer – mehr passen nicht in den Salon – das Spiel mit Illusionen. Wir staunen, weil drei Seile, die ein Zuschauer auf gleiche Länge zuschneidet, wieder kurz, mittellang und lang sind. Spielkarten, die eine Zuschauerin willkürlich und verdeckt auf zwei Stapel verteilt, sind beim Umdrehen in rote und schwarze Karten sortiert. Zwei Ringe hängen plötzlich am Arm des Magiers, obwohl ihm ein Gast die Daumen aneinandergefesselt hat. Wie macht er das?

Witt verzichtet seit 40 Jahren auf weiße Kaninchen, er braucht stattdessen ein überschaubares Publikum, mit dem er spricht und das er hautnah bezaubert. Ein feines Konzept, das er mit Humor und souveräner Leichtigkeit unterhaltsam zelebriert.

„Die Zauberkunst des Wittus Witt“ jeden Fr 21.00, (nicht 9.5., 13.6.), Galerie-W, Ifflandstraße 64; www.galerie-we.de

(von Andreas Klaus, 58, Technischer Angestellter)

Ungerechtigkeiten nur angekratzt

Ich habe am 18. April im Altonaer Theater das Stück „Revolution in Altona“ von Lukas Langhoff gesehen. Das Stück hat zwei Abschnitte. Der erste Abschnitt vor der Pause handelt von drei Männern, die zu den Aufständischen gehörten, und zwei fleißigen Helferinnen vom Altonaer Aufstand aus dem Jahre 1923.

Der zweite Abschnitt handelt vom Hier und Jetzt. Fünf maskierte Menschen sitzen auf einem Sofa und sinnieren über allerlei Ungerechtigkeiten.

Inhalt dieser Aufführung sind die sozialen Ungerechtigkeiten und Missstände damals wie heute, wie zum Beispiel die Gentrifizierung und die Lampedusa-Flüchtlinge. Meiner Meinung nach kann diese Aufführung nicht halten was sie verspricht. Die Dialoge sind doch recht plattitüdenhaft und ich habe mich mehr in einer Komödie als in einem sozialkritischen Stück gefühlt. Es hat all diese Probleme an der Oberfläche angekratzt aber nicht wirklich besprochen. Gefallen haben mir die schauspielerische Leistung und die musikalischen Einlagen der äußerst stimmgewaltigen Akteure. Mein Fazit lautet, dass man das Stück gerne angucken kann ohne dabei irgendwelche Geistesblitze erwarten zu können.

Altonaer Theater, www.altonaer-theater.de

(von Till Rausch, 23, Medizinstudent)

Kurzweiliges für Krimi-Spürnasen

„Ach, da gibt es doch diesen berühmten Film mit Doris Day“, so die einhellige Reaktion auf „Mitternachtsspitzen“ im Imperial Theater.

Worum es geht? Die verwöhnte Leslie erhält Morddrohungen am Telefon. Dumm nur, dass ihr niemand glaubt, schließlich ist sie von Haus aus eine notorische Lügnerin. Trotz dramatischer Mimik und vieler hysterischer Schreie, sobald das Telefon klingelt, hat auch der Zuschauer da so seine Zweifel. So möchte man der Hauptdarstellerin so manches Mal zurufen, dass sie sich mal nicht so anstellen solle. Kein Wunder, dass die schrullige Tante Bee, eine Freundin ehrlicher Worte, die Lacher auf ihrer Seite hat, wenn sie ihrer Nichte mal so richtig die Meinung sagt.

Überhaupt sind es die Nebendarsteller, die dem Zuschauer den meisten Spaß bereiten. So richtig gegruselt habe ich mich nämlich nicht. Es war ein unterhaltsamer und kurzweiliger Abend im Krimitheater an der Reeperbahn, ein Sprung zurück in die Sixties. Und mein kriminalistischer Spürsinn hat mich am Ende doch nicht getäuscht.

„Mitternachtsspitzen“ bis 9.8., Imperial-Theater, Reeperbahn 5; www.imperial-theater.de

(von Kathrin Schwäbe, 37, Polizeibeamtin)

Derber Humor und eine chaotische Familie

Ich bin ein treuer Schmidt-Theater-Fan, deshalb war die aktuelle Kiez-Komödie „Die Königs vom Kiez“ für mich natürlich ein Muss. Die Königs sind eine siebenköpfige, chaotische Familie aus St. Pauli, die sich aus dem arbeitslosen, trinkenden, alleinerziehenden Vater, der bettlägerigen Oma und der 15-jährigen Tochter mit ihrem Baby sowie den vier älteren Geschwistern zusammenstellt. Marie, Benny, Björn und Pamela versuchen alles, um die hungrigen Mäuler tagtäglich durchzubringen.

Ich hatte ähnliche Vorfreuden wie bei der Vorstellung von „Heiße Ecke“, die ich mir mehrmals voller Begeisterung angesehen hatte. Doch meine Erwartungen waren zu hoch: Der Humor ist für meinen Geschmack zu derb, die Musik hat nichts Eingängiges – mit Ausnahme der amüsanten Hip-Hop-Einlage der beiden Jungs – und die spaghettihafte Fusselfrisur des Oberhauptes erinnerte eher an den buckligen Butler Riff Raff aus der „Rocky Horror Picture Show“ und passt so gar nicht zur Figur. Aber für einen kurzweiligen Abend ist es ausreichend.

„Die Königs vom Kiez“ bis 29.6., 12.9.–15.11., Schmidt Theater, Spielbudenplatz; www.tivoli.de

(von Kirstin Schulz, 48, Betriebswirtin)

Wunderschön, aber zum Mitsummen unmöglich

Am Ostermontag erklang unter der Leitung von Christoph Schoener Carl Philipp Emanuel Bachs Osterkantate „Jauchzet, Frohlocket“ (mit dem gleichnamigen Eingangschor aus dem „Weihnachtsoratorium“ des Vaters J.S. Bach) und das Oratorium „Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu“ im Hamburger Michel. Anders als bei den schon oft gehörten Werken von J.S. Bach, war es für die meisten Hörer von Anfang bis Ende etwas ganz Neues, und ganz sicher nichts zum Mitsummen. Aber wunderschön zum Zuhören. Dazu reizten auch die Texte von K.W. Ramler, die von den üblichen Worten der Passion abweichen. Sie sind bildhaft, anrührend, gelegentlich gereimt! Diese Andersartigkeit des Werkes hat Freude gemacht. Dazu die Leistung des St. Michaelis Chors, der klar und frisch sang, obwohl er unter seinem Dirigenten seit Palmsonntag einen wahren Oster-Musik-Marathon hinter sich hatte. Wir hätten gerne mehr Chorstellen im Oratorium gehabt. Die wunderbaren Stimmen der Solisten, Cornelia Samuelis, Sopran, Jörg Dürmüller, Tenor und Thomas Laske, Bass trugen zum Hörgenuss bei.

Bitte öfter C.P.E. Bach, unser 300-jähriges Geburtstags„kind“.

(von Renate Pötter, 67, Rentnerin)

Blind Date mit einem Fotografen in Altona

Mein Ziel: Galerie Hilaneh von Kories, in der Stresemannstraße 384a, im Hinterhof. Präsentiert werden Fotografien von Stephan Vanfleteren, „Facades & Vitrines“. Hinweisschilder sind zu finden, was schon angenehm ist für jemanden, dem es fremd ist, sich in dieser so geschlossen wirkenden Welt der Galerien aufzuhalten. Treppe rauf, kein Eingangsportal, kein Shop, keine Kasse. Gott sei Dank keine Klingel. Eintritt frei, Tür auf, und schon wird man freundlich begrüßt. Ansprechend ist der Raum, aus den Fenstern ein klasse Blick auf blühenden Flieder. Nun zu den Fotografien. Es sind Blicke auf Eingänge, Fassaden, Schaufenster, das Gesicht des Hauses. Eine kurze Biografie gibt Aufschluss über den preisgekrönten Fotografen Vanfleteren, und ein Register zeigt die Bilder, Erstellungsorte und Preise. Jeder sieht die Fotografien anders an – mir haben sie gefallen. Auf der Rückfahrt ist der Blick aus dem Bus auf die Fassaden der endlos langen Stresemannstraße plötzlich viel spannender als vorher. Als würde die Fotoausstellung gar kein Ende nehmen.

„Facades & Vitrines“ bis 6.6., Galerie Hilaneh von Kories, Stresemannstr.; www.hilanehvonkories.de

Würdigung eines Weltbürgers

Anlässlich des 175. Todestages von Caspar Voght findet im Jenisch-Haus, eine sehr sehenswerte Ausstellung statt: „Caspar Voght. Weltbürger vor den Toren Hamburgs“. Tolles Frühlingswetter lockte an meinem Besuchstag viele Hamburger in den Jenischpark. Die riesigen Bäume und der schöne Blick auf die Elbe zeigten diesen Park von seiner besten Seite.

Caspar Voght besaß im Jenischpark ein landwirtschaftliches Mustergut im Stil einer „ornamented farm“. Die lernte er auf seinen Reisen nach England, Schottland und Irland kennen. In der Ausstellung gewann ich einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Facetten seines von aufklärerischen Idealen geprägten Lebens und Schaffens. Caspar Voght kümmerte sich in seinem Leben sehr um eine zeitgenössische Reform des Armenwesens. Viele ausländische Interessenten kamen zu ihm und diskutierten seine Ideen und Pläne. Dieser Hamburger Kaufmann erscheint in dieser gelungenen Ausstellung als überaus gebildeter und aktiver Hanseat.

„Caspar Voght“ bis 23.11., Jenisch-Haus, Baron-Voght-Straße 50; www.jenisch-haus.de

(von Wolfgang Syring, 78, Rentner)

Irres Gekreische im Wunderland

Das Stück „Ünner’n Grund“, das ich mir angeguckt habe, wurde im Ohnsorg Studio aufgeführt. Dort sitzt man sehr dicht an der Bühne, sodass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Ganz anders als in einem großen Theater. Hier sieht man ganz genau, was die Schauspieler machen, sogar kleinste Bewegungen im Gesicht.

Das Stück basiert auf dem Buch „Alice im Wunderland“, aber das muss man gar nicht kennen, denn es ist auch so spannend und lustig. Der Anfang, der in einem U-Bahn-Waggon spielt, ist besonders aufregend, weil die Schauspieler – das sind alles Schüler – plötzlich hinfallen, schreien und wie durch einen Sog von der Bühne gezogen werden. Irgendwie landen sie dann im Wunderland und erleben seltsame Dinge. In einer Szene sind zwei Mädchen wie irre um einen Jungen rumgesprungen und haben fürchterlich gekreischt. Da habe ich mich ganz schön erschrocken.

Dieses Stück, das nur 45 Minuten lang ist, ist zum Teil auf Plattdeutsch, man kann aber alles gut verstehen, auch weil vieles auf Hochdeutsch wiederholt wird. Ich glaube, beim nächsten Mal gehe ich auch wieder hin, dann wird „Flusspferde un anner Peer“ gespielt.

„Flusspferde un anner Peer“ So 18.5.–Do 22.5., ab 5 J., Ohnsorg Studio, Hachmannplatz 1; www.ohnsorg.de

(von Matti True, 11, Schüler)