Die TV-Serie Vikings läuft am 25. April auf ProSieben an und bietet Historien-Fantasy auf hohem Niveau. Dabei werden viele Klischees über die faszinierende Zeit der Nordleute vermieden, wenn auch nicht alle.
Hamburg. Die Wikinger und ihre Geschichte, Kultur und Mythologie sind ein wahrer Schatz an belegbaren und sagenhaften Figuren und Begebenheiten. Da erstaunt es schon, wie wenig daraus bislang auf der Leinwand gemacht wurde. Denn was uns zum Beispiel John McTiernan mit „Der 13. Krieger“ oder Marcus Nispel mit „Pathfinder“ aufgetischt haben, hat noch weniger mit Wikingern zu tun als ein Torfrockkonzert. Die Hollywoodschwarte „Die Wikinger“ mit Kirk Douglas kam den historischen nordischen Raub-, Entdeckungs- und Handelsfahrern noch am nächsten, und das war 1958.
Schwerter und Methumpen schwingende, fellbehängte Raufbolde mit Hörnerhelmen, die „Odiiin“ brüllend über die zivilisierte Welt herfallen, das ist immer noch das „Wickie“-Bild in vielen Köpfen, aber die erste Staffel der kanadisch-irischen TV-Serie „Vikings“, die ProSieben an diesem Freitag sowie am 2. Mai und 9. Mai erstmals in Deutschland ausstrahlt, ist nicht nur spannend, sondern vermeidet auch viele – nicht alle – gängige Klischees.
Im europäischen Schicksalsjahr 793 n. Chr. herrscht der sinistre, paranoide Jarl Haraldson (Gabriel Byrne) am Kattegat. Das karge Land wirft wenig ab, und so schickt Haraldson jährlich Plünderzüge nach Osten in die ebenfalls ärmlichen Länder der Balten. Einer seiner Gefolgsleute, der gewitzte Ragnar Lothbrok (Travis Fimmel) glaubt jedoch den Gerüchten von sagenhaften Reichtümern im Westen. Gegen das Verbot Haraldsons baut er mit seinem Freund, dem wahnwitzigen Floki (Gustaf Skarsgård), ein eigenes Drachenboot und segelt mit einigen Getreuen und der Hilfe neuartiger Navigationsmittel nach Westen, nach England. Dort warten prachtvolle Klosterschätze und wehrlose Mönche nur darauf, so einfach abgeerntet zu werden wie Apfelbäume. Aber wo Ruhm, Gold und Silber winken, da lauern auch Neid, Missgunst und Lügen. Wer eben noch dein Freund, dein Bruder war, ist schnell dein Feind, so wie es Loki, dem listenreichen Intriganten unter den Wikingergottheiten bestens gefällt.
„Vikings“, das ist „Sopranos“ oder „Rom“ im Frühmittelalter. Sittengemälde und Clash der Kulturen und Charaktere, historische Grundlagen und fantasievolle Ausschmückungen werden nach klassischer Serienmachart auf Basis der überlieferten Sagenfigur Ragnar Lodbrok von Drehbuchautor Michael Hirst in Szene gesetzt. So erinnert „Vikings“ an „Game Of Thrones“, nur schmutziger. Der eiserne Thron ist hier ein Holzschemel, und die Schauplätze und Personenliste – in der ersten von bislang zwei produzierten Staffeln – sind übersichtlicher, die Motivationen der Figuren oberflächlicher und die Kämpfe handfester. Die Ausstattung und die Kulissen wurden aber liebevoll und aufwendig und im Großen und Ganzen stimmig recherchiert.
Natürlich beugt sich auch „Vikings“ oft den Gesetzen der Sehgewohnheiten. Da wird in der deutschen Synchronisation „Ihr“ und „Euch“, „Sir“ und „Mylord“ und „Earl“ statt „Jarl“ gesagt wie auf einem schlechten Mittelaltermarkt, es wird viel geblutet und gevögelt und die Bösen tragen natürlich Schwarz.
Aber „Vikings“ soll Unterhaltung sein und keine Dokumentation, und das gelingt dank der tollen Hauptfigur Ragnar und seiner Frau, der wehrhaften Schildmaid Lagertha (Katheryn Winnick). Das in vielerlei Hinsicht brisante Liebesspiel dieser beiden ist der Kontrast zu einer rauen, von Männern dominierten Welt. Einer sehr rauen Welt. Es ist erschreckend, wie Ragnar und seine Männer die Mönche des Klosters Lindisfarne gnadenlos niedermetzeln wie naive Kinder, die Fliegen die Flügel ausreißen. Wertvolle Aufzeichnungen werden zum Raub der Flammen, und wer nicht Schwertern, Äxten und Fäusten zum Opfer fällt, landet in der Sklaverei wie der weitgereiste Mönch Athelstan (George Blagden). Fasziniert davon, dass Athelstan die Sprache der Nordleute spricht, verschont Ragnar den jungen Priester und lernt von ihm Sitten, Gebräuche und lohnenswerte Ziele der unbekannten Länder im Westen. Und so kommen nicht nur Wissen, Lesen und Schreiben an das Kattegat, sondern auch das Christentum...
„Vikings“ Fr 25.4., 2.5., 9.5., 20.15, ProSieben; www.prosieben.de/tv/vikings