Die Gruppe Hajusom feiert ihr 15. Jubiläum mit „Das Gender_Ding“ auf Kampnagel
Die in Hamburg gestrandeten sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge haben den Fokus neu auf das Schicksal von Menschen gelenkt, die unter dramatischen Umständen ihre Heimat verlassen müssen. Dorothea Reinicke, Ella Huck und Katharina Oberlik beschäftigen sich seit inzwischen 15 Jahren damit. Damals gründeten die Theatermacherinnen und Performerinnen die Urzelle von Hajusom, ein Theaterensemble aus unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen. Regelmäßig gelangten Arbeiten zur Bühnenreife. Zum Jubiläum gibt es eine Neuinszenierung: „Das Gender_Ding“ vom 24. bis 27. April zu sehen auf Kampnagel.
Hajusom ist eine professionell arbeitende Freie Theatergruppe. So wurde das vielfach ausverkaufte Erfolgsstück „Hajusom in Bollyland“ mehrfach ausgezeichnet. Gleichzeitig ist Hajusom noch viel mehr. Denn natürlich ist die Gruppe ein wenig Ersatzfamilie für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Aus der Urzelle sind inzwischen mehrere Theater-, Tanz- und Musikgruppen hervorgegangen. „Wichtig ist die kontinuierliche Arbeit“, sagt Dorothea Reinicke. Die Jugendlichen proben einmal in der Woche, in den Schulferien jeden Tag. „Sie haben ein Bedürfnis, zu zeigen, was sie draufhaben.“
Nach „Paradise Mastaz“, das einen Schwerpunkt im Puppentheater und in Westafrika setzte, inszenieren Reinicke, Huck und Oberlik nun „Das Gender_Ding“ mit jugendlichen Flüchtlingen der Nachwuchsgruppe Die Sterne aus dem Iran, Afghanistan und Westafrika.
Nach langen Vorgesprächen und einem ausführlichen Forschungsprozess erarbeiteten sie biografisch verankerte, zeitgenössische Szenen. „Jeder wird mit seinen persönlichen Erfahrungen gehört und bringt sich ein, mit dem, was er zu erzählen hat“, sagt Katharina Oberlik. Es geht um Rollenzuschreibungen, Klischees und Kleiderordnungen. Und um neue Visionen. In der Performance, die mit Text, Bewegung, Video und Musik gleichermaßen arbeitet, stellen die Akteure zum Beispiel ihr geschlechtliches Alter Ego dar, also Mädchen die Jungs und umgekehrt. Viel läuft da über das Kostüm. Live-Musik der jungen türkischen Musikerin Derya Yildirim und Samples von Viktor Marek runden die Performance ab.
„Das Gender_Ding“ will nicht vorführen, wie schlimm die Verhältnisse in muslimischen Kulturen etwa für junge Mädchen seien, sondern neue Entwicklungen, Öffnungen und manchmal ganz charmante subversive Aktionen aufzeigen. So kommt eine Graffitikünstlerin vor, die auf Mauern eine tanzende Frau in Burka mit Hüftschwung verewigt.
Im November geht es weiter mit der Jubiläumsfeier. Ein Wochenende mit einem Best-of-Hajusom.
Hajusom Neue Sterne/Derya Yildirim: „Das Gender_Ding“ 24.–27.4., jew. 20.00, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestraße 20-24, Karten zu 8,-/erm. 6,-: T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de