Seit Anfang April ist die NDR-Redakteurin verantwortlich für die Konzertreihe „Hamburg Sounds“. Für sie ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Aber sie hat auch mit Problemen zu kämpfen.
Hamburg Ihre musikalische Vorliebe ist eindeutig. Die Wände ihres Büros schmücken große Plakate von Robbie Williams, an einer Pinnwand hängen Eintrittskarten von früheren Shows des britischen Sängers. „Robbie ist toll“, sagt Susanne Hasenjäger. Sie hat kein Problem damit, sich als Fan des populären Pop-Entertainers zu outen. Die Musikredakteurin bei NDR 90,3 gehört zu den Radiojournalisten, für die Popmusik gleichbedeutend ist mit Leidenschaft. Für die der Beruf eine Lebenseinstellung ist, in der Privates und Berufliches nicht zu trennen sind.
Ihr Büro im NDR-Funkhaus an der Rothenbaumchaussee ist eine typische Redakteurskemenate. Auf dem Schreibtisch und einem Sideboard stapeln sich CDs. Den Stuhl für Besucher hat sie gerade noch von vier dieser quadratischen Türme befreit.
Seit Anfang April ist Hasenjäger zuständige Redakteurin für die Reihe „Hamburg Sounds“, die NDR 90,3 vor sieben Jahren ins Leben gerufen hat. Das Ziel war damals, den Hörern Bands aus Hamburg und dem norddeutschen Raum live und mit Interviews zu präsentieren – außerhalb des Funkhauses. Im Schmidts Tivoli, in den Fliegenden Bauten und neuerdings in der Fabrik laufen diese Konzerte, die später als Livemitschnitte auf der Hamburg-Welle des NDR gesendet werden. Sieben Jahre lang hat Hasenjägers Kollege Norman Hild die Reihe betreut, am Anfang hatten die NDR-Leute noch Unterstützung von Michy Reinke, selbst Hamburger Musiker und Labelbetreiber, und seinem Partner Hasko Witte. Aber inzwischen stemmen die Radioleute die Organisation und das Booking der Veranstaltung allein.
„Hamburg Sounds betreuen zu dürfen ist ein Traum für mich. Aber ich sage ganz ehrlich, mir war nicht wirklich klar, gegen wie viele Mauern ich da auch laufe“, sagt Hasenjäger. Seit fast 30 Jahren lebt und arbeitet sie in Hamburg, verfügt über ein großes Netzwerk und viele persönliche Kontakte zu Musikern, doch mit einem Anruf bei einem befreundeten Künstler ist es nicht getan. „Die Band möchte vielleicht spielen, aber der Manager sagt ,Nein!‘, weil es bereits einen anderen Auftritt gibt oder weil xy lieber bei N-Joy oder bei NDR 2 im Programm auftauchen möchte und nicht bei NDR 90,3. Diese Absagen waren anfangs ganz schön frustrierend“, gibt die 51-Jährige zu. „Wir brauchen große und bekannte Bands, um damit die jüngeren und unbekannten ins Programm holen zu können.“ Hasenjäger schwebt so etwas wie eine Patenschaft der Großen für die Kleinen vor.
Erfahrung mit dem musikalischen Nachwuchs und der regionalen Szene hat sie auf anderen NDR-Wellen sammeln können. Innerhalb der schon vor Jahren abgeschafften und inzwischen verklärten „Musik für junge Leute“ war sie für die Sendung „Kopfhörer“ verantwortlich, die früher mittags auf der Hamburg-Welle und Freitagabend im vierten Programm des NDR lief. Blumfeld, Die Sterne, Die Regierung, Cpt. Kirk und viele andere Combos der sogenannten Hamburger Schule kamen zu ihr für Interviews und auch Liveaufnahmen ins Studio: „Das war Abenteuerradio, weil wir damals noch viel experimentieren konnten – heute geht das so nicht mehr. Dafür erreichen wir aber auch viel mehr Menschen.“ Hasenjäger versucht mit „Hamburg Sounds“ einen ähnlichen Spagat, aber ohne Experimente. „Stilistisch soll ,Hamburg Sounds‘ eine große Bandbreite besitzen. Rock, Pop, Jazz, Folk – alles ist möglich. Nur Künstler, die in Richtung Geräusch gehen und radikal mit den Hörgewohnheiten brechen, würde ich nicht einladen“, sagt sie.
Ihre Musiksozialisation begann früh und mit dem NDR. „Als junges Mädchen wollte ich Weltverbesserin werden und im Funkhaus an der Rothenbaumchaussee arbeiten“, erzählt sie lachend. Damals war Klaus Wellershaus für das Rock-Programm verantwortlich, ihre heutigen Kollegen Peter Urban und Paul Baskerville moderierten damals schon. Nachdem die gebürtige Braunschweigerin in Hannover Germanistik, Anglistik und Geschichte studiert hatte und eine Zeitlang als Assistant Teacher in Schottland gearbeitet hatte, schrieb sie an Wellershaus eine Bewerbung. Der war interessiert an der musikbegeisterten Anglistin und beschäftigte sie als freie Mitarbeiterin. „Ich habe damals viel Glück gehabt“, sagt Hasenjäger heute. „Klaus verdanke ich ganz viel, weil er mir genau gezeigt hat, worauf es bei einer Moderation und der Zusammenstellung einer Sendung ankommt.“
An diesem Montag läuft in der Fabrik das erste „Hamburg Sounds“-Konzert, das Hasenjäger verantwortet. Eingeladen hat sie den Singer-Songwriter Martin Gallop, der aus Kanada stammt, aber jahrelang in Hamburg gelebt hat. Für Annett Louisan und andere Sänger hat er viele Songs geschrieben, im vergangenen Jahr veröffentlichte er ein eigenes Album. Den zweiten Teil des Abends bestreitet die Melting-Pot-Band. Das ist eine Reihe von Musikern, die von der südafrikanischen Sängerin Anri Coza zusammengestellt wurde. Sie werden Coza, die Hamburger Soulsängerin Astrid North und den Singer-Songwriter Sebo begleiten. Neben der Bühne wird Susanne Hasenjäger mitfiebern. Wie bei jedem Konzert, das sie besucht: „Wenn ich eine Gitarre höre, geht mein Herz auf“, sagt sie.
Hamburg Sounds Mo 14.4., 21.00, Fabrik, Barnerstraße 36, Eintritt 20 Euro