Mit Kumpels Musik machen, zusammen wachsen, Geschäftliches regeln – wie klappt das? Ein Gespräch mit der Band Revolverheld über: Freundschaft. Am 28. März spielt das Pop-Quartett in der Sporthalle.

HamburgAls unbekannte Band starten, gemeinsam erfolgreich – und erwachsen – werden. Wie fühlt sich das an? Das Abendblatt sprach mit Revolverheld über das Thema Freundschaft.

2002 hat sich die Popband in Hamburg gegründet, zu Beginn noch als Quintett. Gerade erst sind sie für ihr Debüt mit Platin ausgezeichnet worden, mit ihrem vierten Album „Immer In Bewegung“ sind sie nun auf Tour und kommen am 28. März in die Sporthalle.

Niels Grötsch und Kristoffer Hünecke, die bei Revolverheld Gitarre spielen, kennen sich aus Niendorf, wo sie aufgewachsen sind. Schlagzeuger Jakob Sinn begegneten sie bei Bandwettbewerben, wo sie anfangs in verschiedenen Gruppen gegeneinander antraten. Sänger Johannes Strate, als gebürtiger Worpsweder der einzige Nicht-Hamburger der Runde, haben sie 2002 beim Popkurs an der Hochschule für Musik und Theater kennengelernt. Seiner Rolle als Frontmann wird Strate auch im Interview gerecht, der größte Redeanteil liegt bei ihm. Diese Rollenverteilung wirkt jedoch keineswegs bemüht, sondern sehr selbstverständlich. Sinn, der Jüngste der Band (mit neun Monaten Abstand zu Strate), muss als „Nesthäckchen“ zwar ab und an einstecken. Aber eher in Form eines Running Gags. Wer mit der Band spricht, etwa über das Verhältnis von Musik, Geschäft und Freundschaft, der erlebt vier entspannte, aber auch nachdenkliche Menschen.

Hamburger Abendblatt: Euer Song „Das kann uns keiner nehmen“ ist ein richtiger Kumpelsong. Welche Momente gab es in der Bandgeschichte, die euch als Freunde enger zusammengeschweißt haben?

Johannes Strate: Unser erster Proberaum war unter einem Bahnpfeiler beim Lattenkamp. Da wuchsen echt Sachen aus dem Boden. Man hatte aber zusammen diesen Traum. Und wenn das dann langsam in die Gänge kommt, fährt man eben mit einem kaputten alten Auto los. Wir haben damals kleinste Konzerte gespielt und sind auch mal von der Bühne gebuht worden. Keine Kohle, aber 1000 Kilometer gefahren. Das waren die Freundschaftsmomente, wo wir uns gegenseitig immer wieder motiviert haben. Man kämpft für ein gemeinsames Ziel. Wie Fußballer, die es wissen wollen. Und dann gibt es irgendwann die spektakulären Momente: Du stehst auf der Bühne bei Rock am Ring und 40.000 Leute brüllen. Das kann einem – so klischeehaft das klingt – wirklich niemand mehr nehmen.

Kristoffer Hünecke: Bei den ersten großen TV-Shows waren wir alle kreidebleich und unglaublich nervös. In solchen Momenten sind wir enger zusammen gerückt und das Ganze ist langsam gewachsen.

Jakob Sinn: Allein die Art und Weise, wie man zu den Gigs reist, ist ja einer Klassenfahrt nicht ganz unähnlich. Man schläft sehr nah beieinander, man weiß sehr viele Sachen übereinander.

Ihr kennt euch seit zwölf Jahren, seid also gemeinsam erwachsen geworden. Hat sich der Umgang miteinander verändert?

Strate: Früher hart am Glas, jetzt bringen wir uns gegenseitig ins Bett. Jakob ist der junge Wilde, wir die alten Säcke.

Drei Väter und ein Sohn – das ist die Rollenverteilung?

Strate: Drei Männer und ein Baby! (alle lachen)

Hünecke: Es ist wirklich so: Jakob ist gerade mal acht Monate jünger als Niels, aber trotzdem gibt’s immer Sprüche auf den Jüngsten – total bescheuert.

Strate: (ernster) Das mit der Band ist ja wirklich wie in einer Beziehung. Es hätte auch passieren können, dass man sich auseinander lebt, dass das Ganze schief geht. Gerade in den 20ern überdenkst du oft noch mal dein ganzes Leben. Aber wir haben uns immer sehr ausgetauscht und uns in eine ähnliche Richtung entwickelt. Man darf nicht vergessen: Unsere Freundschaft ist auch eine Geschäftsbeziehung, wir bestreiten unseren Lebensunterhalt damit, da hängt ein bisschen was dran.

Muss eine Freundschaft, die eben auch eine künstlerische und geschäftliche ist, anders gepflegt werden?

Hünecke: Wir haben zum Glück nicht mit Business angefangen, sondern haben uns getroffen, waren einfach auf einer Wellenlänge, haben Musik gemacht und waren zusammen feiern.

Strate: Gut ist jetzt, dass wir unsere Kompetenzen total trennen. Jeder hat seinen Bereich. Wir kennen uns so gut, dass jeder auch Entscheidungen treffen kann, ohne die anderen zu fragen. Wenn etwa eine absurde Anfrage kommt, sagt derjenige die direkt ab, ohne ein großes Mailfeuerwerk zu entfachen und allen eine halbe Stunde Arbeit zu bescheren. Das machen wir wesentlich besser als noch vor zehn Jahren, wo jeder kleinste Punkt diskutiert wurde.

Niels Grötsch: Mit zunehmendem Alter ist man auch besser darin geworden, nicht immer nur über das Musikgeschäft zu sprechen. Dann trinkt man ein Bier. Und dann geht’s auch um andere Themen.

Worum denn zum Beispiel?

Strate: Wir sind echt sportinteressiert. Wir haben alle in Deutschland möglichen Abos, um auch unterwegs Fußball gucken zu können. Auf Tour nehme ich gelegentlich einen Beamer mit.

Sinn: Niels und ich sind HSV-Fans, Johannes ist Werder-Anhänger. Da wird’s zwei Mal im Jahr ein bisschen schwierig. Kris ist bei uns der Neutrale.

Strate: Bei der momentanen Qualität der Vereine kann ich aber auch verstehen, wenn Kris nicht auf einen der Züge aufspringt. (lacht)

Wenn man sich als Band so gut kennt, aber zugleich kreativ sein will, kann das auch hemmen, im Sinne von Routine?

Strate: Ich finde das eher positiv, weil man sich mehr traut. Vor Fremden macht man sich nicht völlig blank. Aber vor Leuten, die man so lange kennt, da ist einem auch nichts mehr peinlich, selbst wenn man völlig versagt in dem, was man da gerade ausprobiert. Aber es stimmt, dass man schnell Gefahr läuft, im eigenen Saft zu kochen. Deshalb haben wir für das neue Album auch mit Philipp Steinke einen neuen Produzenten hinzugezogen. Er hat unsere Songs auseinander genommen und wir haben sie mit ihm zusammen neu arrangiert.

Gab es Krisen, in denen Ihr besonders an der Freundschaft arbeiten musstet?

Sinn: Es gibt immer Höhen und Tiefen in einer Band. Dass man nicht immerzu jubelnd durch die Welt rennt, ist ja klar. Aber wir sind von den ganz großen Krisen verschont geblieben bis jetzt. Das hat ein bisschen mit Glück zu tun und viel mit Arbeit. Wir sind sehr fleißig und reden viel miteinander.

Streitet Ihr auch mal?

Hünecke: Wenn wir gerade eine stressige Phase haben, kann es mal ein bisschen ruppiger werden. Aber es ist selten, dass es zu einem richtigen Streit kommt. Es wird dann eher eine angeregte Diskussion.

Sinn: Wir machen regelmäßig private Runden, in denen man alles auf den Tisch packt. Das hilft tatsächlich. Auch bei Kleinigkeiten.

Johannes und Jakob, Ihr habt bei der „Mundpropaganda“-Aktion gegen Homophobie mitgemacht. Wenn man gut befreundet ist, ist es dann nur ein kleiner Schritt, sich vor der Kamera zu küssen?

Sinn: Ja. Das war ein witziger Tag. Das hat keine Überwindung gekostet.

Strate: Vor uns waren Kostja Ullmann und Ken Duken dran. Die sind Schauspieler und haben einen krassen Filmkuss hingelegt. Dann dachten wir: Okay, so geht das. So machen wir das auch.

Revolverheld Fr 28.3., 20.00, Sporthalle

(U Lattenkamp), Krochmannstr. 55,

Karten zu ca. 37,- im Vvk.; revolverheld.net