Der Chaos Computer Club (CCC) Hamburg gibt auf einer Cryptoparty bei der Social Media Week Tipps zum sicheren Mailen und Chatten.

Hamburg. Ein Mensch, der heutzutage keine Daten mehr hinterlassen will, muss in eine Höhle ziehen und drin bleiben. Er darf keine Bankkarten benutzen, kein Navigationsgerät, kein Telefon, kein Handy, keine Computer und kein Internet. Sprich: Wer als normaler Mensch lebt, liefert ständig und überall Daten ab, ob er will oder nicht. Heißt das also: Alles egal? Nein, das heißt es nicht. Meinen jedenfalls die Experten des Chaos Computer Clubs (CCC) Hamburg.

„Eine gewisse Kontrolle der eigenen Daten kann man über zwei Wege erreichen: Erstens durch Verschlüsselungstechniken und zweitens durch einen bewussteren Umgang mit moderner Technologie“, sagt Jan Girlich, Softwareentwickler und Mitglied des CCC Hamburg. Dabei gehe es um vier große Bereiche. Zum einen sei es sinnvoll, die Daten von Laptops vollständig zu verschlüsseln, da solche Geräte immer häufiger gestohlen würden – und mit ihnen meist massenhaft persönliche Daten. Außerdem sollten E-Mails und auch Chats, etwa über MSN, AOL, ICQ, Jabber oder Facebook, verschlüsselt werden. Und viertens sei es oft sinnvoll, anonym im Internet zu surfen – auch wenn das etwas aufwendiger und langsamer ist als sonst.

„Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie im Netz leicht identifizierbar sind, auch ohne dass jemand sich vom Provider über die IP-Adresse ihren Namen und Wohnort besorgt“, sagt CCC-Mann Girlich. „Das ist ganz einfach, wenn man zugleich seinen Facebook- oder Google+-Account geöffnet hat. Auch über Cookies ist es möglich.“ Wer wirklich anonym surfen wolle, solle dies außerhalb des sonst genutzten Systems tun, denn dieses sei „durchtränkt von der eigenen Identität“, so Girlich.

Stattdessen solle man etwa über ein auf einem externen USB-Stick installiertes Linux-System und einen Tor-Browser surfen. Dieser schickt die eigenen Daten so lange kreuz und quer über den Globus, bis die Identität des jeweiligen Surfers nicht mehr nachzuvollziehen ist.

Bei der Social Media Week in Hamburg werden die Experten vom CCC und vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bei einer sogenannten Cryptoparty am Montag erläutern, wie man Mails und Chats optimal verschlüsselt. Dazu kann jeder seinen Laptop mitbringen, um sich die entsprechende Software aufspielen und die Nutzung zeigen zu lassen.

Bisher sei vielen Menschen nicht bewusst, dass etwa Facebook ihre Kommunikation über den Chat komplett auswerte. Natürlich sitze da kein Mensch, der sich alles durchlese, sagt Girlich, vielmehr suchten die Facebook-Maschinen nach Schlagwörtern. Bei der Entwicklung von Algorithmen zur Spracherkennung und im Bereich künstliche Intelligenz sei Facebook weltweit mit führend. „Wenn jemand also mit seiner Freundin chattet und es dabei irgendwelche sexuelle Anspielungen gibt, dann kann es sein, dass er bald danach bei Facebook auch die entsprechende Werbung auf seiner Seite hat“, so Girlich.

Auch die beliebte Smartphone-Anwendung WhatsApp sammle zahlreiche persönliche Daten. So werde etwa das gesamte Adress- und Telefonbuch des Nutzers auf die WhatsApp-Server geladen. Angeblich diene das nur zur Identifizierung von Freunden und Bekannten, um WhatsApp-Verbindungen herzustellen, so Girlich. In Wahrheit wisse aber niemand, was das Unternehmen mit den Daten anfange, die es sammle. Zudem habe WhatsApp sehr viele Sicherheitslücken.

Der Chaos Computer Club plädiert deswegen für die Verschlüsselung auch von Chats. Das Problem an der Sache: Natürlich müssen beide Seiten die Codierung benutzen. „Wir hoffen, dass sich die Verschlüsselung trotzdem durchsetzt“, sagt Girlich. „Crypto muss endlich Standard werden. Apple und andere müssen Verschlüsselung als Grundeinstellung bei ihren Geräten und Anwendungen einbauen.“

Dennoch, so Girlich, sei das Problem der Datensicherheit letztlich nicht allein auf der technischen Seite zu lösen. „Wir brauchen auch die Politik. Die Bundesregierung und die EU müssen endlich den Druck auf die USA erhöhen, damit die NSA aufhört, alles und jeden auszuforschen“, sagt der Softwareexperte. „Deutschland und Europa haben genug Gewicht. Sie müssen es endlich auch für den Schutz unserer Daten einsetzen.“

Die Cryptoparty findet am Montag, 17.2., 19.30 Uhr, im betahaus an der Lerchenstr. 28a statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung unter socialmediaweek.org/hamburg . Folgen Sie dem Autor bei Twitter unter @jmwell