Lesenswert: „Mord im Herbst“ ist eine Geschichte, die Henning Mankell bereits 2004 in den Niederlanden veröffentlicht hat. Jetzt ist der Text auf Deutsch erschienen, und es soll der letzte Wallander sein
Hat man lange Zeit keinen Wallander-Krimi mehr gelesen, umweht einen schon eine gewisse Wehmut bei der Lektüre von „Mord im Herbst“. Zwar ist der Titel von exquisiter Schlichtheit, doch die Geschichte, die Henning Mankell in diesem bereits 2004 in den Niederlanden erschienenen schmalen Band erzählt, ist durchaus lesenswert. Damals gab es in unserem Nachbarland den „Tag des spannenden Buches“ – und jeder, der einen Kriminalroman erstand, bekam obendrauf Mankells Erzählung. Gratis. Noble Geste.
Jetzt ist der Text also auf Deutsch erschienen, und es soll fürwahr der letzte Wallander sein, wie Mankell nicht müde wird zu beteuern. Die Handlung spielt im Jahr 2002, natürlich in Ystad. Wallander ist stadtmüde, das Zusammenleben mit seiner Tochter (und Kollegin) Linda macht ihn auch nicht wirklich froh. Der alternde Kommissar möchte raus aufs Land, ein Haus wäre schön, ein Hund und, tja, auch eine Frau. Ein Kollege vermittelt ihm eine offenbar geeignete und vor allem bezahlbare Immobilie, doch die erste Besichtigung hält Überraschendes parat: Als Wallander durch seinen künftigen Garten streift, lässt ihn etwas aus dem Erdreich Ragendes fast zu Fall kommen. Es ist eine Hand, skelettiert.
Die Hand gehört zu einer Frau, die seit mehr als 50 Jahren vergraben in dem Garten liegt. Welches Geheimnis birgt die Tote? Wallander jedenfalls ist alles andere als erfreut, dass er sich mit diesem weit in die schwedische Vergangenheit zurückreichenden Fall beschäftigen muss. Bei seinen Recherchen landet er in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, als viele Menschen aus Estland in Schweden und Dänemark Schutz suchten. Nicht alle von ihnen fanden welchen.
Mankells „Mord im Herbst“ ist eine kleine wunderbare Kriminalgeschichte, spröde im Ton, auf das Wesentliche komprimiert. Auch wenn chronologisch danach noch „Der Feind im Schatten“ erschienen ist: Diese Erzählung ist ein würdiger Abschied von Kurt Wallander.
Henning Mankell: „Mord im Herbst“. Deutsch von Wolfgang Butt, Zsolnay, 143 Seiten, 15,90 Euro