Vor knapp 25 Jahren war Ulf Maschek Bühnentechniker beim späteren Erfolgsmusical. Heute ist er verantwortlich für die Technik sämtlicher Stage-Produktionen. Er erzählt, was sich alles verändert hat.

Hamburg. Wer hätte geahnt, was sie in Bewegung setzen würden – damals, Mitte der 1980er-Jahre, als eine Handvoll Mitarbeiter des Deutschen Schauspielhauses beschloss, das Musical „Cats“ in Hamburg aufzuführen? „Die Vorbereitungen waren ein zweijähriges Abenteuer“, sagt Ulf Maschek, als Einziger der Truppe noch heute dabei. Der ehemalige Schauspielhaus-Bühnenmeister wurde 1986 Technischer Leiter von „Cats“, vier Jahre später dann beim „Phantom der Oper“. Heute ist der 58-Jährige Executive Producer und verantwortlich für die Technik sämtlicher Shows des Musical-Monopolisten Stage Entertainment in Deutschland. In Kürze wird er als Director International Productions & Development sogar die Produktion aller Stage-Musicals weltweit verantworten.

„Wir mussten vieles erfinden, auch neue Berufsbezeichnungen“, sagt Maschek, der in Blankenese aufgewachsen ist. „Stage Manager und Sound Designer gab es damals einfach noch nicht.“ Dass man überhaupt einmal Sound designen, also Klang gestalten können würde, oder auch Licht, sei noch gar nicht absehbar gewesen.

„Das Phantom der Oper“ war vor knapp 25 Jahren die zweite große Inszenierung von Maschek und seinem Team. Jetzt wird sie erneut aufgeführt – und soll die Besucher ebenso faszinieren wie damals. Maschek ist überzeugt: „Die Leute werden sagen: Es war die gleiche Show. Aber sie hätten bemerkt, wenn sie es tatsächlich gewesen wäre.“

Technik, Licht, Effekte und Ton – die Zuschauer bei Stange zu halten, ist eine ständige Herausforderung in der Musicalwelt „In unserem Business muss man versuchen, immer das Spektakulärste und Neueste zu bieten, damit sich die Menschen nicht langweilen“, sagt Maschek. Nur noch gigantische Effekten würden überraschen, gute Sänger alleine reichten nicht aus. Mit den wachsenden Anforderungen habe sich auch sein Job verändert. Als Mitglied der Geschäftsleitung sei er mittlerweile „weit weg von allem, was auf der Bühne stattfindet“, eher Manager als Bühnenmann. Dabei habe es ihm immer großen Spaß gemacht, Anteil am Schaffensprozess zu haben, sagt Maschek. Etwas selber zu machen statt es anzuordnen.

Die leichte Wehmut ist vergessen, als Maschek von den technischen Errungenschaften spricht, die die kommende Phantom-Inszenierung von der damaligen unterscheiden. „Früher kannte man keine computergesteuerte Technik“, sagt er. „Das war schon ein wahnsinniger Aufwand.“. Für die Beleuchtung mussten Tausende Kabelmeter verlegt werden. Es gab Scheinwerfer, die leuchteten nur zwei oder drei Mal pro Show. Und um farbiges Licht zu erhalten, mussten Folien verwendet werden. In der Phantom-Produktion von heute werden Moving Lights und Mood Lights eingesetzt, deren Einsatz, Bewegung und Farbe einprogrammiert sind. Es gibt weniger Scheinwerfer, die eine geringere Wattzahl haben. „Die Strahler von früher hatten 500 und 1000 Watt, heute sind es vielleicht 100“, so Maschek. Ein weiterer Vorteil: Die Lichtquellen seien nicht mehr sichtbar.

Auch der Sound ist optimiert worden. Die obligatorischen Lautsprechertürme links und rechts der Bühne wurden ergänzt durch mehr als 100 kleine, in die Saalwände eingelassene Boxen. „Früher war der Ton im Zuschauerraum hinten schlechter als vorne. Heute ist die Distanz von Lautsprecher zum Ohr überall kurz“, sagt Maschek. Der Ton sei voller, das Klangerlebnis moderner – und den gestiegenen Ansprüchen der Zuhörer gewachsen.

Das liege auch an der veränderten Klangverarbeitung. „Zwischen Instrument und Lautsprecher wird viel digitalisiert“, sagt Maschek. Zudem habe erst Sir Andrew Lloyd Webber die Musik für die Phantom-Aufführung „reorchestriert“, also die vorhandene Fassung überarbeitet. Jetzt gebe es weniger Musiker, ihre Instrumente aber seien differenzierter wahrnehmbar, der Klang sei steuerbar. „Es wird besser klingen als je zuvor“, da ist sich Maschek sicher. Zumal die Neue Flora unter akustischen Gesichtspunkten immer noch ein „hervorragendes Haus“ sei.

Wenn Maschek an die Übertragungstechnik von früher denkt, muss er lachen. Sicher, drahtlos sei sie schon vor 25 Jahren gewesen. Aber die Sender waren doppelt so groß wie eine Zigarettenschachtel. „Es war schwer, die unter der Kleidung zu verstecken, und in der Pause mussten die Batterien ausgetauscht werden.“ Weil die noch nicht wiederaufladbar waren, fiel pro Woche eine Hausmülltonne voll leerer Batterien an. Heute haben die Sender die Größe einer Streichholzschachtel und eine weitaus höhere Leistung – das ist billiger und besser für die Umwelt.

Die profitiert auch, wenn – in einer der wohl berühmtesten Szenen des Musicals – der riesige Kronleuchter auf die Bühne kracht. „Das muss einen gigantischen Blitz geben, der 2000 Leute blendet“, sagt Maschek. Vor 25 Jahren war der nur schwer zu erzeugen. Vor jeder Vorstellung musste der Leuchter mit etwa 15 Einweg-Blitzlampen, ähnlich den früheren Blitzlicht-Würfeln für Fotoapparate, bestückt werden. Pro Stück kosteten die fünf Mark. Sie zu besorgen, stellte Maschek immer wieder vor Herausforderungen: Nur bei einer Firma in Deutschland konnte er so große Mengen bestellten. Und die Blitzlichter galt es so zu befestigen, dass die Zuschauer sie nicht sehen konnten. „Der Leuchter war ein technisches Wunderwerk. Wir haben Wochen gebraucht, um es zu beherrschen“, sagt Maschek – und die Erinnerung an den Erfolg lässt seine Augen funkeln. Der Kronleuchter der aktuellen Produktion ist mit Blitzlampen bestückt, die heller, kleiner und, natürlich, wiederaufladbar sind. Außerdem fällt er schneller und ist wegen der moderneren Materialien leichter. Auch eine komplexe Herausforderung, aber nicht ganz so aufregend wie damals.

„Wir haben eine Theaterwelt geschaffen, die es früher nicht gab“, sagt Maschek zum Abschluss des Gesprächs in den Räumen von Stage Entertainment. Der Musicalkonzern hat seinen Sitz in einem sechsstöckigen Haus in der Speicherstadt: Hier arbeiten auf mehreren Tausend Quadratmetern 200 der insgesamt 1650 Stage-Deutschland-Mitarbeiter. „Angefangen haben wir in einem Flur in der Weidestraße, mit zehn Mitarbeitern“, sagt Maschek und schüttelt den Kopf. Als ob er den Erfolg manchmal immer noch nicht so richtig fassen kann.

„Das Phantom der Oper“ Premiere heute, 20.00 Uhr, Neue Flora, Karten ab 55,94 in den HA-Ticketshops und unter T. 30309898