Mit „Troja“, dem Gastspiel vom Wiener Burgtheater, ging das fünfte Hamburger Theaterfestival zu Ende. Die Bilanz des Festivals kann sich sehen lassen: 12.000 Zuschauer sahen Stücke aus Berlin, München und Frankfurt.

Hamburg „Troja“, das vierstündige Gastspiel vom Wiener Burgtheater, bildete am Wochenende den Abschluss des 5. Hamburger Theaterfestivals. Die Zuschauer, die einander auf zwei Tribünen gegenübersaßen, um das von Göttern und Kriegsherren bewegte Geschehen zu verfolgen, klatschten, jubelten und trampelten sich am Ende in einen Wettbewerb darüber, welche Seite mehr Applaus spenden konnte. Regisseur und Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann und die Schauspieler zeigten sich beglückt, „so etwas haben wir in Wien noch nie erlebt“.

Mehr als 20 Texte sind eingegangen in den Abend, der sich mit dem ältesten erhaltenen Mythos unserer Kulturgeschichte befasst, dem Kampf um Troja. Stimmen von 660 vor Christus treffen auf Stimmen unserer Gegenwart. Sie erzählen kollektiv und kontrovers davon, dass die Menschen – so scheint es – Spielbälle der Götter sind und in einer nicht enden wollenden Verkettung von Zerstörung und Selbstzerstörung verstrickt sind. Ein paar Schaumstoffblöcke, Hunderte kleine Papierschiffchen und ein Beamer sorgen dafür, dass uns die Schauspieler in Bruderzwiste und Schlachtengetümmel, Göttinnenwettbewerbe und Frauenraub, Zweikämpfe und Opfergänge entführen. 33 Rollen gespielt von 17 Schauspielern, die mal Helena, mal Kassandra erzählen lassen, mal Agamemnon und Achilles. Am Ende bauen alle das Riesenpferd, in dessen Bauch die Schauspieler per Beamer geraten. Wunderbar.

Das Burgtheater war – wie in den Jahren zuvor – wieder stark beim Festival vertreten. Neben „Troja“ kamen auch „Tartuffe“ mit dem herausragenden Spielerpaar Johanna Wokalek und Joachim Meyerhoff nach Hamburg, sowie „Onkel Wanja“, die bannendste und fesselndste Inszenierung im Programm. Vergleicht man die Festivals der vergangenen fünf Jahre, so war die Auswahl diesmal vielleicht weniger mitreißend als in den Jahren zuvor, als man Kriegenburgs „Der Prozess“, Kusejs „Der Weibsteufel“ und Schlingensiefs „Mea Culpa“ zeigte oder Karin Beiers „Das Werk/Im Bus/Ein Sturz“. Man wünschte sich, dass noch mehr Theater ins Programm integriert werden würden. Und ob eine Produktion wie „Baal“ festivalwürdig ist, das darf arg angezweifelt werden. Auch mit „Lear“ traf man stellenweise auf Unverständnis.

Dennoch, das Festival ist eine sehr wichtige Bereicherung des Kulturlebens, für Hamburg so wichtig wie das Theatertreffen für Berlin. Hier werden Aufführungen präsentiert, die man sonst nie sehen könnte. Sie regen an, schärfen den Blick, präsentieren neue Arbeitsweisen und lassen, neben den tollen Ensemblemitgliedern der Hamburger Theater, auf wunderbare, bewegende Schauspieler blicken.

Die Bilanz des diesjährigen Festivals liest sich denn auch sehr gut. An 14 Veranstaltungstagen – zuzüglich Workshops, Vorträgen und Colloquien im Rahmen der begleitenden „Festivalakademie“ – sahen knapp 12.000 Besucher die Stücke aus Berlin, Wien, München, Frankfurt und Augsburg. In diesem Jahr waren die Produktionen auf Kampnagel, im Thalia und im St. Pauli Theater zu Gast – wie in den letzten Jahren zeigte sich auch diesmal ein großer Wille zur Kooperation. Das Hamburger Theater Festival, getragen von der Stiftung Hamburger Theater Festival, ist das einzige Festival dieser Größenordnung im deutschsprachigen Raum, das sich – abgesehen davon, dass natürlich ausschließlich staatlich subventionierte Produktionen auf subventionierten Bühnen gastieren – allein durch Spenden, Sponsorengelder und die Einnahmen aus dem Kartenverkauf finanziert. Die Kosten von 900.000 Euro werden je zur Hälfte aus Spenden- und Sponsorengeldern sowie dem Kartenverkauf finanziert. Die Auslastung der Veranstaltungen betrug 95 Prozent.