Die Boulevard-Schlagzeile „Deutscher Schäferhund beißt Inge Meysel den Brustkrebs weg“ war einst der Auslöser für die „überflüssigste und überfälligste Zeitschrift, die Deutschland braucht“.

Wie so viele Geschichten, die schräg anfangen und sich dann noch schräger entwickeln, beginnt auch diese mit einer Männerrunde, die beim Bier in der Stammkneipe um die Ecke zusammensitzt und über Dinge sinniert, die die Welt nicht braucht. Diese Geschichte war zu Beginn lediglich ein medialer Fake. Ob sie als medialer Erfolg endet, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

Vier Journalisten sind es, die sich Anfang der 90er bei viel Guinness über die Boulevard-Schlagzeile „Deutscher Schäferhund beißt Inge Meysel den Brustkrebs weg“ im Fasan in Eimsbüttel beömmeln. Dabei sind der Gerichtsreporter und Satire-Texter Wulf Beleites, ein Fotograf, ein Drehbuchjournalist und ein Autor. Gemeinsam nähert man sich der Antwort auf die Frage: „Welches ist die überflüssigste und überfälligste Zeitschrift, die Deutschland braucht?“ Es wird die Geburtsstunde der Hundegegner-Zeitschrift „Kot & Köter“. Zielgruppe: Hundefeinde. Inhalt: Alles, was die Zielgruppe aufregt oder in ihren Vorurteilen bestätigt. Es wird die Geburtsstunde einer Zeitschrift, die bislang nie erschienen ist und trotzdem für große Aufmerksamkeit in den Medien sorgte.

Denn kurz nachdem Beleites 1992 den Titelschutz für das Heft erhalten hatte, wollten plötzlich Radio- und Fernsehsender den Chefredakteur und selbst ernannten Hundehasser interviewen und als Gast in ihren Sendungen haben. „Das Konzept polarisierte sofort, es gab echte Fans oder echte Gegner, nichts dazwischen“, sagt Beleites heute. Ohne, dass er auch nur je eine echte Ausgabe, geschweige denn Redaktion oder Vertrieb vorweisen konnte, wurde Wulf Beleites in diverse Talkshows eingeladen. Sechs Jahre tingelte er als Hundehasser von „Arabella“, zu „Schreinemakers live“.

Niemand hinterfragte, ob es das Heft wirklich gibt und woher Beleites sein Wissen über die Kot-Formel – Körpergewicht mal drei durch 50 – hat. Sein Standardsatz zu seltenen Nachfragen war: „Ich habe noch keinen Verleger, bin guten Mutes, fahre demnächst zur Buchmesse, Namen darf ich noch nicht nennen.“ 36.000 Mark Honorar verdiente er mit seinen Auftritten. In der Satire-Sendung „Extra 3“ outete der heute 66-Jährige seinen Schwindel schließlich. „Der eigentliche Skandal war, wie wenig eine von Journalisten als charmant empfundene Geschichte hinterfragt wurde“, sagt Beleites. So richtig losgelassen hat diese charmante Geschichte den Journalisten bis heute nicht. Mittlerweile ist Wulf Beleites stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Deutsche Journalisten Union und will es jetzt ernsthaft versuchen. Was als Bierlaune begann, soll nun anlässlich des anstehenden Journalistentages der dju Ende November Realität werden.

Beleites will eine Nullnummer von „Kot & Köter“ auf den Markt bringen und dann viermal im Jahr erscheinen. Da der Journalistentag in diesem Jahr unter dem Motto „Genug gejammert – Zukunft jetzt! Gute Ideen für modernen Journalismus“ steht, habe er das Projekt zu diesem Zeitpunkt aufleben lassen, erzählt Wulf Beleites. Der Journalist will das „Kot & Köter“-Projekt als Selbstversuch vorstellen. Als publizistisches Gegengewicht zu den Blättern der Hundeliebhaber. Als Hundehasser bezeichnet er sich nicht. Aber seit Wulf Beleites als Kind von einem Spitz gebissen wurde, sei die Beziehung zu den Vierbeinern dauerhaft gestört. Heute würden ihn allerdings vor allem die Kothaufen auf Bürgersteigen und Spielplätzen stören. Die Zeitschrift solle ein klares Statement gegen die „absurde Überhöhung und Vermenschlichung des Hundes“ darstellen – mit einem Augenzwinkern.

Finanzieren möchte Beleites die erste Ausgabe über das sogenannte Crowdfunding. Auf der Seite krautreporter.de können bis zum 25. November Spenden für sein Projekt eingezahlt werden. 7000 Euro benötigt Wulf Beleites, um die Druck- und Honorarkosten decken zu können. 2245 Euro von insgesamt 137 Spendern hat er schon. Kommt die Summe nicht zusammen, muss der Journalist die Beträge zurückzahlen. Aggressiv, witzig, pseudoernst, (real)satirisch, nicht betroffen, nicht anklagend und nicht aufklärerisch soll das Hundegegner-Magazin sein und klassische Ressorts wie Kultur, Wirtschaft oder Sport beinhalten. Avisierte Themen: Nuttenpudel und Ludendogge – Die Rolle des Hundes im Rotlichtmilieu oder Bekiffte Tölen – Die Wahrheit über den sogenannten Drogenspürhund oder Schießt alle Hunde auf den Mond – Die wahre Geschichte über Laika, den ersten Hund im Weltall. Wie ein sowjetischer Forscher die Raumfahrt vorantrieb, nur weil er den Köter seiner Ex-Frau loswerden wollte.

Für die Zukunft möchte Wulf Beleites angemessene Honorare zahlen können. Angestrebter Tagessatz sind 350 Euro. Rund 5000 regelmäßige Abonnenten würde er zur dauerhaften Finanzierung benötigen. Fünf Euro soll die Buchstabenwiese für Hundehasser kosten. Unterstützt wird Beleites von seiner Frau. Die übrigens ein echter Hundefreund ist. Wenn Beleites es wirklich schafft, aus Kot Kohle zu machen, wäre das ein wirklich schräges Ende einer schrägen Idee.