Zum ersten Mal bestreitet das Künstlerehepaar ein ganzes Konzert in Hamburg. Am 13. November – exakt der Jahrestag des berühmten 1976er Kölner Konzerts von Wolf Biermann – singen beide im Thalia Theater.

Hamburg Sie ist seine Ehefrau und Managerin, jetzt kommt eine neue Rolle dazu: Zum ersten Mal bestreitet Pamela Biermann gemeinsam mit ihrem Mann, dem Liedermacher Wolf Biermann, ein ganzes Konzert in Hamburg. Am 13. November – exakt der Jahrestag seines berühmten Kölner Konzerts 1976 – singen beide auf der großen Bühne des Thalia Theaters. Ein Gespräch im Altonaer Haus der Biermanns. Eines mit Zwischenrufen.

Hamburger Abendblatt: Das erste große gemeinsame Konzert nach fast 25 Jahren Ehe – wie kam es dazu?

Pamela Biermann: Das hat sich so ergeben. Er sagte irgendwann: Sing mal.

Wolf Biermann: Das ist ja ne Antwort! Singen tut sie ja schon viel länger ...

Pamela Biermann: Wenn Freunde zu uns kamen, nach dem Essen, meistens Sachen von Billie Holiday...

Wolf Biermann: ... so als musikalischer Nachtisch ...

Singen für Freunde, das ist doch eigentlich sein Job?

Wolf Biermann: Das war in der DDR so, da war das wie Notwehr. Ich war ja zwölf Jahre verboten und habe jeden, der mich in der Chausseestraße besuchte, erst mal zwei Stunden missbraucht, die neuesten Lieder anzuhören. Das ist auch das Geheimnis, warum ich nach zwölf Jahren Schnauzehalten 1976 in Köln viereinhalb Stunden vor 8000 Leuten ohne einen einzigen Fehler singen konnte.

Pamela Biermann: 2011 brachte Wolf sein Buch „Fliegen mit fremden Federn“ raus, das ist eine Sammlung von Gedichten und Liedern, die er aus vielen Sprachen in sein singbares Deutsch gebracht hat. Wolf bat mich, als er das Buch vorstellte, zwei, drei Lieder zusammen zu singen, auch im Berliner Ensemble. Das gefiel den Leuten so gut, dass das BE uns bat, einen ganzen Abend in dieser Konstellation zu liefern. So standen wir mit „Ach, die erste Liebe“ im September 2012 wieder auf der berühmten Brecht-Bühne…

Wolf Biermann: …wo ich als junger Mann mit Helene Weigel aufgetreten bin.

Sie kommen ja aus einem musikalischen Elternhaus.

Pamela Biermann: Aus einem künstlerischen. Mein Vater Kurt Ruesche war unter anderem zehn Jahre lang als Tenor an der Hamburgischen Staatsoper engagiert, sang auch in Salzburg und Mailand und Berlin. Meine Mutter Doris ist Tänzerin, sie hat in Rahlstedt eine Schule gegründet und unterrichtet dort, zusammen mit meiner Schwester, klassisches Ballett nach der Methode der Royal Academy of Dance, London.

Und wie haben Sie Wolf Biermann kennengelernt?

Pamela Biermann: Über eine Freundin. Sie nahm mich mit zu einem Workshop in Steilshoop. Ich war 19 Jahre alt, machte damals gerade Abitur. Und er war der große Biermann, von dem ich aber nichts gehört hatte.

Wolf Biermann: Stimmt nicht. Sie hatte sich nämlich, als sie 13 war, gewundert, dass ihre Eltern so tief erschüttert waren vom Kölner Konzert und von der folgenden Ausbürgerung des Dichters.

Pamela Biermann: In den Nachrichten kam, dass er ausgebürgert war. Mein Vater sagte: Das ist eine riesen Schweinerei – das hatte ich im Hinterkopf.

Wolf Biermann: …es gibt ein Gedicht über den Anfang unserer Liebe…

Pamela Biermann: …und ich dachte: Was für ein interessanter Mann! Seine Lieder haben mich sofort tief bewegt.

Wolf Biermann: Liebe nicht auf den ersten Blick, sondern auf den ersten Hör.

Pamela Biermann: Eine Romanze …dass es 30 Jahre halten würde, hatten wir nicht im Sinn.

Wenn man einen großen Dichter wie Wolf Biermann kennenlernt, tritt man da selbst eher in die Sonne oder in den Schatten?

Pamela Biermann: Ich hatte gar nicht das Gefühl, einen Riesen zu treffen…

Wolf Biermann: …einen Meter und 69...

Pamela Biermann: ... ich traf einen ziemlich unglücklichen Mann, unabhängig von seiner geschichtlichen Bedeutung. Ich denke, die Sonne ist im Vordergrund – wenn man in der Öffentlichkeit ist, geht es um ihn. Im wirklichen Zusammenleben ist es anders. Er hat natürlich ein gesundes Selbstbewusstsein. Aber er ist auch ein unglaublich sanfter Mensch, ein lieber Ehemann und Geliebter. Als ich vorhin Brötchen geholt habe, schaute er aus dem Fenster und sagte mir nachher: „Du siehst so schön aus“. So ist er.

Wolf Biermann: Ja, soll ich denn sagen: Nett, dass du Brötchen geholt hast? Ich kann mich eben manchmal nicht so ausdrücken ...

Sie haben 1989 geheiratet, sind aber schon seit 1986 seine Managerin.

Pamela Biermann: Er hat mich da reingelockt. Wir sind eine Art Familienproduktion. Er dichtet und komponiert, was anschließend daraus wird, dabei arbeiten wir Hand in Hand. „Fliegen mit fremden Federn“ ist seine schriftstellerische Arbeit, ich habe lektoriert und recherchiert, die Dramaturgie des Buches zusammengestellt. Ich bin seine erste Kritikerin, das bringt mir großen Spaß. Das Managen ist ein Fulltime-Job – Konzerte vereinbaren, Verträge verhandeln, Pressearbeit.

Wolf Biermann: ... sie vermietet mich an die Menschheit ...

Wenn ein älterer Künstler eine 27 Jahre jüngere Frau heiratet, dauert es nicht lange, bis man von seiner Muse spricht.

Pamela Biermann: Ja, das ist das Klischee. Musen sind ja eigentlich Göttinnen, damit kann ich gut leben. Wolf schrieb mal: „Meleken, meine Göttin ...“ aber das ist charmante Poesie! Wolf hat viele Gedichte für mich geschrieben, und in der Dichtung mischt sich immer Realität und Traumbild ...

Wolf Biermann: Und heute wird sie selber von den Musen geküsst, weil sie so schön singt. Ich bin der Muserich von Pamela.

Beim Harbour Front Literaturfestival haben Sie etliche Hamburg-Lieder gemeinsam vorgetragen. Wird daraus ein neuer gemeinsamer Abend?

Wolf Biermann: Das könnte sein, es gefiel uns und den Leuten auch. Ich bin ja nebenbei auch ein Hamburger „Heimat“-dichter.

Sie beide auf der Bühne, das sieht immer aus wie ein großer Flirt.

Wolf Biermann: Na ja, wir sind auf der Bühne ein Paar, im Leben auch. Und natürlich können wir über das Spiel der Geschlechter, wie Brecht es nennt, schön singen, wenn wir es auch treiben. Durch eigene Lebenserfahrung. (Pause) Wissen Sie eigentlich, wie ich ihren schönen Namen übersetze?

Nein.

Wolf Biermann: Für mich kommt Pamela vom griechischen „Pan“, das Ganze, und „Melos“, das Lied – Pamela ist also, wie Hölderlin es im letzten Hyperion-Brief nennt: mein Lebenslied.

Wolf und Pamela Biermann: Ach, die erste Liebe. Mi 13.11., 20.00, Thalia Theater,

Tickets: 7.- bis 35.- in den Hamburger Abendblatt Ticketshops: 040/30 30 98 98.