Arte zeigt ab diesem Donnerstag die großartige dänische Politserie „Borgen“ mit Sidse Babett Knudsen als Staatslenkerin Birgitte Nyborg, die vor der Aufgabe steht, eine neue Partei zu gründen.

Hamburg Man kommt nicht umhin, es irgendwie putzig zu finden: Die Männer fühlen sich überfordert. So lautet das Ergebnis einer soeben veröffentlichten Studie zu einem alten Thema. Überall diese Emanzipation, man(n) wird ja ganz schwindelig! Und frau weiß nicht genau, soll sie darüber erschrecken, in ungläubiges Gelächter ausbrechen oder den Hascherln einen tröstenden Kakao kochen? Die armen Kerle: Karriere. Und Kinder. Und Beziehung. Und Haushalt. Ja, Herrschaften, willkommen in unserer Welt! Das ist es doch, was Frauen schon seit Jahren möglichst lautlos und unfallfrei und parallel auf die Reihe kriegen mussten: Kinder (übrigens auch kriegen), Karriere (übrigens trotz Babypause), Beziehung und Haushalt. Und nebenbei, manchmal, ein ganzes Land regieren.

Nein, die Rede ist an dieser Stelle ausnahmsweise nicht von Angela Merkel, sondern von einem kleinen, sympathischen Königreich im Norden, in dem – neben der Königin – tatsächlich und seit ziemlich genau zwei Jahren mit Helle Thorning-Schmidt ebenfalls eine Frau an der demokratischen Spitze steht: Dänemark. Und in dem außerdem eine fiktive Ministerpräsidentin der (fernsehenden oder DVD-affinen) Welt in der mittlerweile dritten Staffel der hervorragenden Politserie „Borgen“ vorführt, wie man das so wuppt, mit den Kindern, der Karriere und den ganzen emanzipationsmüden Männern. Was nämlich auch bedeuten kann: gar nicht.

Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), die in den ersten beiden Staffeln den kaum möglichen Balanceakt präsentierte, sowohl energische Staatenlenkerin sein zu wollen als auch fürsorgliche Ehefrau und Mutter, hat nach einer Wahlschlappe das Staatsamt verloren. Sie tingelt erster Klasse um den Globus, hat gut dotierte Vorstandsposten und noch besser dotierte Vortragsreisen, man kennt diese Modelle von Leuten wie Joschka Fischer oder Bill Clinton. Sie ist beschäftigt, aber trotzdem unterfordert – und angesichts der Beschlüsse und Gesetzesvorhaben im kleinen Dänemark auch fest entschlossen, daheim wieder mitzuspielen. An vorderster Front und zur Not auf eigene Faust. Nyborg gründet eine neue Partei. Die toughe Fernsehfrau Katrine Fønsmark (Birgitte Hort Sørensen) steht ihr als Beraterin zur Seite, während sie gleichzeitig versucht, ihre Fähigkeiten als Strategin und Politdenkerin mit denen als Alleinerziehende zu vereinbaren. Und wieder geht es los, das Ringen und Geschacher um Macht und Posten und Einfluss bei gleichzeitigem Jonglieren im Privaten. Selten sah man den politischen und journalistischen Alltag, samt so trockener Themen wie Mehrheitsbeschaffung und Programmdirektoren-Geschwurbel, derart aufregend und trotzdem realitätsnah dargestellt. Presse und Politik müssen nicht holzschnittartig abgefilmt werden, um Spannung zu erzeugen. Was starke Frauen leisten wollen und können (tatsächlich fallen die männlichen Figuren in dieser Staffel erstaunlich schwach aus), zeigt die Serie angenehm beiläufig. Sie ist im Grunde das beste Mittel gegen Politikverdrossenheit. Denn wer bislang glaubte, die Schnittmenge zwischen Shakespeares „Hamlet“ und der US-Serie „West Wing“ müsse gering ausfallen, liegt falsch: Sie ist eher logisch. Und sie heißt „Borgen“.

„Borgen“ ab Do, 3.10., 21.00, Arte