Kulturbehörde spart die mit 30.000 Euro dotierte Auszeichnung aus „haushalterischen Schwierigkeiten“ ein. Hamburger Filmschaffende bedauern das Aus der renommierten Ehrung, die sich auch als Standortförderung ausgezahlt habe.
In keiner Branche klopft man sich gegenseitig so gern auf die Schulter wie in der Film- und Fernsehbranche. Es mangelt diesem Berufszweig gewiss nicht an Auszeichnungen. Aber es lohnt sich eben doch, genauer hinzuschauen, wenn ein Preis vor dem Aus steht. Was aktuell dem Literaturwettbewerb Bachmann-Preis droht, nämlich das Ende nach Rückzug des wichtigsten Geldgebers ORF, stellt sich in diesen Tagen in veränderter Form auch in der Hamburger Kulturlandschaft dar.
Das Hamburger Filmfest muss in diesem Jahr überraschenderweise auf die Verleihung des renommierten, mit 30.000 Euro dotierten TV-Produzentenpreises verzichten. Die Prämie war die höchstdotierte Auszeichnung des Filmfestes, bereitgestellt wurde sie von der Hamburger Kulturbehörde. Damit ist nun Schluss. Das erfuhr Filmfest-Leiter Albert Wiederspiel in einem Brief von Nikolas Hill, Staatsrat der Kulturbehörde, der die Einsparung mit „haushalterischen Schwierigkeiten“ begründet. Man habe sich schwergetan mit der Entscheidung, schreibt Hill, müsse aber Prioritäten setzen.
Wiederspiel bedauert den Beschluss, der für sein Filmfest auch ein Bedeutungsverlust ist. Zumindest im Fernsehbereich. „Der Preis hatte sich gut etabliert. Die TV-Sektion ist sehr wichtig für das Filmfest Hamburg, weil sie viele prominente Gäste sowie die gesamtdeutsche Fernsehbranche anzieht“, sagt Wiederspiel. 650.000 Euro stehen dem Filmfest als Budget zur Verfügung – etwa ein Drittel von dem, was die Stadt München sich sein Festival kosten lässt, auf dem sich in diesen Tagen wieder die gesamte Film- und Fernsehbranche trifft.
München und Hamburg sind – von der Kölner Werkschau „Festival Großes Fernsehen“ abgesehen – die einzigen deutschen Festivals, die über eine nennenswerte Fernsehsektion verfügen. Hier werden TV-Movies auf der Leinwand gezeigt, die zum Besten gehören, was später auf dem Bildschirm zu sehen ist. In München wird der Siegerfilm mit dem mit 25.000 Euro dotierten Bernd-Burgemeister Fernsehpreis ausgezeichnet, gestiftet wird er von der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten. Wie es aussieht, wird dies künftig der einzige namhafte Fernsehpreis sein, den ein deutsches Festival vergibt. Und der einzige künstlerisch wertvolle Produzentenpreis. So stößt die Entscheidung der Kulturbehörde auch beim Großteil der Hamburger Produzenten auf Bedauern.
„Ich finde diese Entscheidung unglaublich schade. So viele wichtige TV-Preise werden auf Festivals nicht verliehen, dieser war einer davon“, sagt Studio-Hamburg-Produzentin Kerstin Ramcke. „Ich halte es auch für ein falsches Signal in einer Stadt, die wie Hamburg eine TV-Stadt sein möchte und in der ohnehin immer mehr Fernsehschaffende abwandern.“ Dem stimmt auch Wüste-Film-Produzent Stefan Schubert zu: „Als ehemaliger Preisträger kann ich diese Entscheidung nur bedauern. Der Preis war eine große Aufwertung für die TV-Sektion, Filmemacher aus der ganzen Republik haben sich mit ihren besten Fernsehstücken hier beworben.“ Hinzu komme, dass sich das Preisgeld letztlich für die Fernsehstadt Hamburg auszahle: „Das ist Geld, das Produzenten komplett für Hamburger Filmschaffende ausgeben. Geld, das in der Stadt bleibt.“
In der Tat ist die Standortförderung ein entscheidendes Argument für Sinn und Zweck eines solchen Preises. Ein Argument, das auch jene überzeugen sollte, die finden, dass ein Fernsehpreis auf einem Kinofestival nichts verloren hat. Der TV-Produzentenpreis ist, wenn man so will, eine reine Wirtschaftsförderung. Das Preisgeld fließt komplett in das nächste Filmprojekt, wird ausschließlich in der Region investiert. „Ich finde die Entscheidung einerseits für die deutschen Produzenten bedauerlich, für die dieser Preis eine Ermutigung für ihre Arbeit war. Zum anderen ist es schade für das Filmfest. Die TV-Reihe war stets gut besucht, der Preis eine Motivation, seinen Film dorthin zu geben“, sagt Claudia Schröder, Produzentin bei der Aspekt Telefilm. Schröder hat den Preis bereits zweimal gewonnen, zuletzt 2012 mit der Krimikomödie „Mörderische Jagd“. Die Network-Movie-Produzentin Jutta Lieck-Klenke pflichtet dem bei: „Das Hamburger Filmfest ist international konkurrenzfähig geworden — und schießt sich, was die Fernsehreihe betrifft, mit dieser Entscheidung nun selbst ins Abseits.“
„Ein Preis ist für Filmemacher immer eine Motivation, ihre Werke einzureichen“, bestätigt Filmfest-Leiter Wiederspiel. Ulrike Frick, die die Programmreihe deutscher Fernsehfilme beim Filmfest München kuratiert, weiß ebenfalls um die Wichtigkeit eines finanziellen Anreizes: „Ich höre immer deutlich, dass der Preis, aber auch das Preisgeld und die Möglichkeit einer Vorführung vor Publikum und Branche, einen markanten Anreiz bieten, einen TV-Film in München einzureichen.“
Interessant ist auch der zeitliche Ablauf in der Budget-Verschiebung des Filmfestes. Ende 2012 wurde der Etat des Kinderfilmfests Michel um 20.000 Euro erhöht. Vor einigen Wochen folgte dann die Nachricht, dass im Gegenzug der TV-Produzentenpreis eingespart würde. Nun kann man das eine nicht gegen das andere abwägen. „Aber vor die Wahl gestellt, hätte ich mich wohl für den höher dotierten Preis entschieden“, sagt Wiederspiel. Die Wahl hat nun keiner mehr. Weder der Filmfest-Chef noch die Produzenten, die ihre Werke größtenteils bereits eingereicht haben. Staatsrat Nikolas Hill erklärt: „Der TV-Produzentenpreis wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um technische Dienstleister zu stärken. Dies gelingt mit einer künstlerischen Auszeichnung und Förderung des Films genauso gut. Um beide Felder zu unterstützen, soll der Schwerpunkt deshalb künftig auf der Nachwuchsarbeit liegen.“