75.000 Besucher lassen sich von den Launen des Wetters die Lust auf Rock beim Hurricane-Festival in Scheeßel nicht verderben. Und wenn Rockgötter lächeln, scheint sogar die Sonne.
Scheeßel. „Cliff Burton, Randy Rhoads, Dimebag Darrell, Ronnie James Dio, Johnny Cash...“ – vielleicht ist es nur ein Zufall, aber als der kanadische Rock-Derwisch Danko Jones bei seinem Auftritt auf dem seit Monaten ausverkauften Hurricane-Festival in Scheeßel die gestorbenen Rock- und Metal-Legenden aufzählt, denen er gern im Himmel begegnen würde, scheint zum ersten und einzigen Mal am Festival-Freitag die Sonne aus einem blauem Himmel. Ein kleines Lächeln der Rockgötter auf eine riesige Schlammwüste, die 75.000 Besucher, Bands und Crews unter Schauern in den Eichenring gefurcht haben.
Aber schlechtes Wetter spielt traditionell keine Rolle in Scheeßel, so lange bis Sonntag Bands auf der Bühne und Fans in der Suhle stehen. Zwar verkündet die Festival-App seit Donnerstag Unwetterwarnung auf Unwetterwarnung, verzögern sich Anreise- und Aufbauzeiten, und doch fängt die erste Band, die famosen Arkells aus dem kanadischen Hamilton, sogar drei Minuten zu früh an. Kanada ist generell ein Schwerpunkt zum Auftakt, neben Arkells und Danko Jones sind auch Dankos Toronto-Kollegen von Billy Talent erste Stimmungsgaranten, die mit „Red Flag“ und „Fallen Leaves“ nur noch Öl in die bierbefeuerten Flammen schütten müssen. Tausende Gummistiefelpaare schmatzen im Modder oder auf ausgestreutem Rindenmulch, Kippen verlöschen in Pfützen, Pommes schmecken auch nass.
Als Kontrastprogramm spielen am „Tag des Schlafes“ auch akustische Feingeister wie The National, Portishead und Sigur Rós, aber das sind nur Atempausen vor dem übergroßen Krachzirkus von Rammstein. Pelle Almqvist, Sänger der schwedischen Vorwärtsrocker The Hives, bringt das Treiben zwischen vier Bühnen, zwischen Eichenring und kilometerweiten Iglu-Zelt-Ansiedlungen in charmantem Deutsch auf den Punkt: „Es ist viel Spaß!“
Trotz durchweichter Böden feierten die mehr als 70.000 Rockfans nun bereits den zweiten Tag des Musikevents in Scheeßel – und das in friedlicher, harmonischer Stimmung. Bis zum Sonnabendmittag registrierte die Polizei gerade einmal acht Körperverletzungsdelikte. „Das ist weniger als bei einem zünftigen Schützenfest“, sagte ein Polizeisprecher. Daneben sei außer einigen Taschendiebstählen und Drogendelikten kaum etwas vorgefallen.
Die verschlammten Böden trocknen indes nur langsam. Am Sonnabendabend stehen unter anderem die Arctic Monkeys und die Hamburger HipHop-Gruppe Deichkind auf der Bühne.