Bei der 1. Hamburger Humor-Vollversammlung wollen 24 heimische Künstler die Grenzen zwischen Kabarett und Comedy überwinden

Lustspielhaus. Was ist lustig? Was ist Kabarett, was ist Comedy? Und wie stehen die beiden Genres überhaupt zueinander? Während die erste Frage stets durch Lacher des Publikums beantwortet wird, sind die anderen nicht ganz so leicht zu klären. Schon gar nicht in Deutschland, dem Land der Dichter, Denker und Schubladen.

Die Erklärung, der Comedian mache es „wegen dem Geld“, der Kabarettist „wegen des Geldes“, greift zu kurz. Und so richtig eingebrannt hat sich das aus dem Angelsächsischen stammende Metier Comedy erst vor gut zwei Jahrzehnten. „Den Rock’n’Roll der 90er“, hat Moderator und Regisseur Thomas Hermanns Comedy mal treffend genannt. Der Erfinder des „Quatsch Comedy Clubs“ hat hierzulande ein Comedy-Business angeschoben, mit dessen — teils wenig witzigen — Folgen wir heute leben müssen. Aber auch Kabarett, die in Deutschland mehr als 100 Jahre alte Kleinkunst aus Theater, ironisch-pointiertem Journalismus, Lyrik und Musik, kann an einigen Stellen eine Auffrischung vertragen. Manchen gilt es sogar als altbacken. Es scheint ein Riss durchs Land zu gehen.

Zumindest in Hamburg soll „Kabarett oder Comedy?“ keine Streitfrage sein, dachten sich Sebastian Schnoy und Axel Pätz — und laden an diesem Montag zur 1. Hamburger Humor-Vollversammlung ins Lustspielhaus. In einer „Humor-Ökumene“ (Schnoy) wollen sie demonstrieren, dass Hamburg übergreifend was zu lachen hat. Welches Reservoir die Hansestadt bietet, zeigt sich an der Zahl der auftretenden Künstler: 22 haben die Moderatoren Schnoy und Pätz auf dem Zettel.

„Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir solch einen Zuspruch finden“, sagt Pätz. Sie hätten noch die doppelte Anzahl an hiesigen Künstlern auf die Bühne bringen können, meint der schwarzhumorige Tastenkabarettist, bundesweit schon mit mehr als einem Dutzend Kleinkunstpreisen ausgezeichnet. Und Schnoy, History-Comedian, Buchautor und Initiator des inzwischen größten deutschen Kleinkunstwettbewerbs Hamburger Comedy-Pokal, stellt fest: „Solch einen Benefit mit einer Bandbreite an Künstlern haben die Zuschauer in Hamburg noch nicht zu sehen bekommen.“

Außer den beiden Hausherren von Alma Hoppe haben etwa Akkordeonkabarettist Frank Grischek, die Chansonkabarettisten Johannes Kirchberg und Felix Oliver Schepp vom Schiff, die Kabarettisten Joachim Zawischa und Kerim Pamik, die Stand-up-Comedians Heino Trusheim und Don Clarke sowie die Komikerinnen Andrea Bongers und Käthe Lachmann zugesagt. Auch Jon Flemming Olsen, bekannt als Imbisswirt Ingo aus der „Dittsche“-Serie und Musiker von Texas Lightning, gibt einen seiner seltenen Soloauftritte. Als Gruppen wirken die Steife Brise (Impro-Comedy) und LaLeLu (A-cappella-Comedy) mit. Michael Ehnert, schon solo einer der besten Schauspieler im deutschen Kabarett, kommt mit seiner Ehefrau und Kollegin Jennifer.

Ehnert ist mit seiner besonderen Mischform aus Theater, Kabarett, Comedy und Action einer der profiliertesten Grenzgänger. Ebenso Stand-up-Kabarettist Lutz von Rosenberg Lipinsky („intelligente Comedy und lustiges Kabarett“), für Schnoy ein Magic Entertainer. Und mit Nico Semsrott tritt ein Mittzwanziger auf, der mit seiner originell-kritischen Stand-up-Tragedy den Sprung von der Slam-Poetry- zur Kabarettbühne geschafft hat.

Er und seine Kollegen können sich nur für jeweils gut fünf Minuten ausbreiten, jedoch in einer besonderen Zone. Schnoy und Pätz werden die Bühne mit einer aufgeklebten Demarkationslinie und womöglich noch einer Leine in die Gebiete Kabarett und Comedy trennen. „Unsere Kollegen können sich dann an der Grenze entlanghangeln oder sie überschreiten“, bemerkt Pätz lächelnd. Semsrott etwa hat schon wissen lassen, dass er zwei Minuten im Comedy-Sektor spielen werde, um dann in den Kabarett-Bereich zu wechseln. Aber auch im Saal gilt es sich zu entscheiden: Die Künstler können am Comedy- oder Kabarett-Tisch Platz nehmen. Für Horst Schroth, der sich die 1. Humor-Vollversammlung anschauen will, keine Frage, gilt er doch als Grandseigneur des Gesellschaftskabaretts.

Der Ahrensburger Schroth ist übrigens der sichtbare Gegenbeweis zu Schnoys These, Kabarettisten hätten nur einen — meist schwarzen und schlecht sitzenden — Anzug. Pätz wird das wohl nicht auf sich sitzen lassen und zur Feier des Abends mal ein buntes T-Shirt anziehen. Und Schnoy verweist darauf, sich „vom alternden Comedian zum jungen Kabarettisten“ entwickelt zu haben. Seine humorige Hoffnung: „Als Kabarettist ist man länger jung.“ Auch so sind vermeintliche Grenzen zu überwinden. Zumindest in Hamburg.

1. Hamburger Humor-Vollversammlung Mo 27.5., 20.00, Alma Hoppes Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 13,- bis 24,- unter T.55 56 55 56; www.almahoppe.de