Burghart Klaußner ist ein echtes Theatertier. Heute singt er im Polittbüro Dean Martin, Charles Trenet und Cole Porter
Polittbür . Musik sei doch eine Grundlage für den Schauspiel-Beruf. Burghart Klaußner reagiert mit Erstaunen auf die Frage, warum er denn auch singe. „Sprache ist nichts anderes als Musik“, sagt der durch seine Filmkarriere („Das weiße Band“) international bekannt gewordene Charakterdarsteller. Klaußner tritt in Berlin und Dresden auf, gastiert in Hamburg am St. Pauli Theater und derzeit am Thalia in „Die Brüder Karamasow“. Am Freitagabend verwandelt „unser Mann in Hollywood“ mit seiner Band das Polittbüro in die musikalische Reisegaststätte der bedenkenlosen Art: „Zum Klaußner“.
„Dramen- und Prosa-Texte haben doch einen spezifischen Klang und Rhythmus“, führt Klaußner seine Gedanken über Musik und Theater weiter. „Szenen zu spielen, hat auch viel mit Gefühl für Rhythmus oder mit dem sogenannten Timing zu tun.“ Außerdem: Musik erreiche und berühre den Zuschauer unmittelbar und sei der allerbeste Zugang zur Seele. „Jeder Ton hat einen bestimmten Ort in unserem Herzen. Wenn sich die verschiedenen Harmonien richtig und glücklich zusammenfügen, ergeben sich seelische Bilder.“ Aber auch dramatische Situationen. Sie können mal komisch, mal melancholisch, mal tragisch ausfallen. Je nach Komponist und Text.
Zum Beispiel: Cole Porter. „Ich schätze den amerikanischen Komponisten besonders. Er schrieb die Texte selbst. In seinen Songs gelingt ihm eine sprachliche und musikalische Symbiose: intelligent, pointiert und humorvoll.“ Aber auch Titel von Irving Berlin oder Dean Martin singt Klaußner, Chansons von Charles Trenet oder das zu Herzen gehende irische Folk-Traditional „Danny Boy“ über Arbeitslosigkeit, Auswandern und Heimkehr. Natürlich finden sich auch ein paar zünftige Hamburger Lieder im Programm, das Klaußner immer wieder auffrischt und verändert. Der Gastwirtsohn, dessen Vater die Szenekneipe „Zum Klaußner“ in Charlottenburg führte, bleibt auf seine Weise in der Familientradition. „Der Oberkellner des Etablissements ist in der Welt herumgekommen, besuchte Amerika, England, Frankreich, war aber auch in Bayern oder Berlin und bringt von dort musikalische Schmankerln in sein Spezialitätenrestaurant mit.“ Für ein unterhaltsames Programm mit Herz, Swing und Witz.
Klaußner sang schon in seiner jungen Berliner Schaubühnen-Zeit in Liederabenden, am Schauspielhaus war er in der 99-mal gespielten Erfolgsproduktion der Offenbach-Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ singend und spielend zu erleben, ebenso als Robert der Teufel in der musikalischen Fassung von Kästners „Pünktchen und Anton“ oder im Exilabend „Werft eure Herzen über alle Grenzen“. Aktuell spielt er den Dorfrichter Adam in Kleists „Der zerbrochene Krug“ und in Schillers „Don Carlos“ in Dresden. Unlängst war er wieder am St. Pauli Theater als Willy Loman in „Der Tod des Handlungsreisenden“ zu sehen. Diese hervorragende darstellerische Leistung brachte ihm 2012 die „Faust“-Auszeichnung und den Rolf-Mares-Preis und wurde unlängst beim dreitägigen Gastspiel am Maxim Gorki Theater mit euphorischem Beifall gefeiert. „So etwas habe ich in Berlin selten erlebt.“
Bei Lisa und Gunter, den „liebenswerten Leitern“ des Polittbüros, wie er sagt, gastiert Klaußner nicht zum ersten Mal. „Thomas Ebermann hat mich zu szenischen Lesungen dort eingeladen.“ Es waren zwei wunderbare Abende mit den amüsanten, tiefsinnigen Texten des österreichischen Sprachkomponisten Thomas Bernhard. Der Sänger-Schauspieler – ein wirklich Aufrechter und Großer in seiner Branche – ist sich nicht zu fein für ein Gastspiel in einer Kleinkunstbühne. Auch wenn er in Cannes und Hollywood über rote Teppiche gelaufen ist, steht er doch mit beiden Beinen fest auf dem (Bühnen-)Boden. Ein Vollblutkomödiant, der Singen und Spielen wie Atmen zum Leben braucht.
„Zum Klaußner – Die musikalische Reisegaststätte der bedenkenlosen Art“ Fr. 10.5., 20.00 Polittbüro (S/U Hbf), Steindamm 45, Kartentel. 28 05 54 67