Die Tage werden länger, die Nächte aber irgendwie auch. Im Prinzip macht man nichts falsch, wenn man an diesem Dienstag den Tanz in den Mai dem Zufall überlässt.
Hamburg. Die Walpurgisnacht ist schon ein Fest. Je nach Region begrüßt man den Mai schon seit Jahrhunderten mit Tänzen, Feuern, Fruchtbarkeitsritualen oder der Vertreibung böser Geister. Im Prinzip steckt da alles drin, was die Walpurgisnacht in der modernen Großstadt ausmacht. Man tanzt in den Mai, gibt jemandem Feuer, zelebriert die Zweisamkeit und versucht spätestens am nächsten Morgen die bösen Geister, die in der Maibowle oder im Maibock steckten, zu vertreiben.
Und das ist uns ein Fest. Vor allem, wenn es wärmer wird. „Auf einmal ist es Frühling, die Tage werden lang. Alle Fenster stehen auf Kipp, die Tassen nicht im Schrank“, wie Niels Frevert singt. Und so ziehen wir hinaus auf den Berg, den Hamburger. In die Freiheit, die Große. In jeden Club und jede Bar zwischen Schulterblatt und Millerntor. Im Prinzip macht man nichts falsch, wenn man an diesem Dienstag den Tanz in den Mai dem Zufall überlässt. Vielleicht landet man im Mojo Club (Reeperbahn1, 21.30Uhr, Eintritt 10Euro). Die beeindruckenden Eingangspforten, der Nimbus einer Club-Ikone und die wohl beste Soundanlage der Stadt sollten einladend genug sein.
Und hat man die 40 Stufen hinab ins Dunkle geschafft, warten die Original Jazz Rockers und DJ Dusty sowie die Livegäste The Sweet Vandals und Interstellar Overdrive. Dancefloor- und Nu Jazz, Soul, Funk und Electro — „It might get louder“, es wird dem Motto nach wohl noch lauter werden. Das gilt auch ein paar Meter weiter die Reeperbahn hinunter im Molotow (Spielbudenplatz5, 23Uhr, 4Euro): Bei „Beat Bag“ wird eine bunte Tüte Pop, Beat, Soul, Garage und Psychedelic der 60er-Jahre an den Maibaum gebunden.
Ein mexikanischer Kindergeburtstag, und die Ohren sind die Piñata: Das ist auch „Oh Mai God“ im Docks (Spielbudenplatz19, 24 Uhr, 8 Euro) mit diversen Elektrikern wie Clark Davis, Max Matteo, Daso und Denso. Eher was für die Jüngeren. Wer die 70er- und 80er-Jahre nicht nur von Hörensagen oder Retro-Trends kennt, wird aber auch fündig. Bei „Ü30/Ü40 Tanz in den Mai“ in der Fabrik (Barnerstraße36, 21Uhr, 10Euro) werden Charts, Klassiker und House ab Werk geboten, in der Markthalle (Klosterwall 11, 21Uhr, 13 Euro) hingegen beschränkt man sich bei der „Party For The Masses“ auf die Hits und Raritäten von Depeche Mode. Aber das sind auch mehr als genug.
Wen der Party-Notruf an die Hafenkante verschlägt, der kann sich gegenüber von den Landungsbrücken hinhocken und chillen wie die neuen Hamburger „Tatort“-Kommissare Wotan Wilke Möhring und Sebastian Schipper: „Eingeschlafen und aufgewacht auf Sand“, um noch einmal Niels Frevert zu zitieren. Aber an der Elbe kann man zum Tanz in den Mai auch versuchen, einen Platz auf den Partybarkassen „Hedi“, „Christa“, „Claudia“ oder „Ursula“ zu ergattern. Je nach Schiff wird stündlich von 19Uhr, 19.30Uhr oder 20Uhr an von der Landungsbrücke 10 abgelegt. DJs und Musikstile sind verschieden, aber eine Bar und einen Zusteigepreis (12Euro) haben sie alle.
Und wer nicht seefest ist, findet auch in seinem Quartier eine Maifeier. Ob in Winterhude auf Kampnagel (Jarrestraße20, 22Uhr, 13Euro), in Planten un Blomen im Café Seeterrassen (St. Petersburger Straße22, 20Uhr, 13Euro), im Café Schöne Aussichten (Gorch-Fock-Wall4, 21Uhr, 10Euro) oder in Bergedorf in der Lola (Lohbrügger Landstraße8, 22Uhr, 7Euro), irgendwo ist ja immer. Ob Goldbekhaus (Moorfuhrtweg9, 21Uhr, 10Euro) oder Golden Cut (Holzdamm 61, 22Uhr, 15Euro), ob leger oder edel: Mai ist Mai.