Zumindest das TV-Duell zwischen Steinbrück und Merkel moderieren? Sicher. Viel ändern wird es aber nicht. Weder im TV noch in der Politik.

Hamburg. Natürlich beginnt die Sendung mit einem Witz. Um 200.000 Euro Siegprämie gehe es in der Talkshow „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“, sagt Stefan Raab. Jeder könne mit dem Gewinn machen, was er wolle. „Zum Beispiel 100.000 Portionen Lasagne kaufen.“ Ha, der Pferdefleisch-Skandal, das junge Publikum klatscht. Nun aber los, es soll ja um Politik gehen: Ladies Night, heißt das bei Raab an diesem späten Sonntagabend. Vier Politikerinnen und Liedermacher Olli Schulz diskutierten über Mietpreise, Frauenquote und Tugenden im Parlament. Doch die zweite Ausgabe von Raabs Polittalk wurde zu einem Flop, zumindest, was die Quote betrifft. Nur noch 800.000 Zuschauer schalteten ein. Bei der ersten Sendung im November waren es noch knapp zwei Millionen Menschen.

Und dennoch lohnt sich das Einschalten. So wird rund um die zweite Ausgabe der „Absoluten Mehrheit“ diskutiert: Kann Raab Kanzler? Oder zumindest: Kann und soll Raab das TV-Duell der Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Peer Steinbrück moderieren, gemeinsam mit drei Journalisten der Öffentlich-Rechtlichen und RTL. Seine eigene Sendung auf Pro 7 ist so etwas wie Raabs Trainingslager, hier kann er überzeugen, Wahlkampf machen für sich selbst. Doch dass Raab dem konventionellen Kandidaten-Duell tatsächlich einen bahnbrechenden Wandel bringen kann, beweist Raab nicht.

Klar, auch die zweite Ausgabe von „Absolute Mehrheit“ war flippig. Raab saß da, breitbeinig, zurückgelehnt, witzelte immer wieder, machte flotte Sprüche. „Darf ich Doro sagen?“, fragte er die CSU-Politikerin Dorothee Bär. Dann sprach er mit Grünen-Politikerin Katja Dörner über deren verstorbenen Kater.

Irgendwann ging es dann um Politik – und der Rest der Sendung ist schnell erzählt: Frau Bär forderte eine Eigenheimzulage, Frau Dörner eine Frauenquote für mehr Gerechtigkeit. Linda Teuteberg von der FDP warnte vor zerfallenden Innenstädten wie in der DDR, wenn in deutschen Metropolen die Mieten gedeckelt werden. Linken-Politikerin Yvonne Ploetz gab den anderen Parteien die Schuld, die ja die günstigen Wohnungen im Bundeseigentum verscherbelt hätten. Musiker Olli Schulz regte sich auf, weil er keine alten Menschen in seinem Stadtteil mehr sehe, sondern nur noch die Yuppies auf dem „Latte-Macchiato-Strich“.

Eines macht Raab tatsächlich anders – und besser als Jauch oder Illner. Er holt neue Gesichter in den Polit-Talk. Nicht die von der Leyens und Künasts sitzen bei ihm. Sondern Dörner, Ploetz, Teuteberg, Bär. Junge Gesichter des Parlaments. Das Problem: Sie reden eigentlich genauso wie die Alten. Und das ist Raabs großes Missverständnis: Er versucht die politische Talkshow zu einem Happening zu machen, zu einer Melange aus Comedy und Parteipolitik.

Bei TV Total funktionieren Raabs Kalauer – und wenn Raab im Wok einen Eiskanal runterschliddert, ist er in Hochform. Aber bei seiner Polit-Talkshow merkt er, dass sich mit Politiker nicht wirklich scherzen lässt. Zu sehr sind Politiker auf den vorsichtigen und parteipolitischen Sprachgebrauch der Berliner Republik getrimmt. Zu ernst sind die Themen. Und das ist auch gut so. Doch so wirkte Raab selbst an diesem Sonntagabend unsicher, teilweise nur oberflächlich auf die Themen vorbereitet. Eine tiefgehende Diskussion kam nicht auf. Stattdessen das übliche Talk-Show-Muster: Politiker A sagt, Politiker B widerspricht, Raab witzelt, Politiker C will auch noch was sagen.

Soll Raab tatsächlich das Duell um die Kanzlerschaft mitmoderieren? Wahrscheinlich ist die Antwort ganz unspektakulär: Sicher kann er! Viel ändern wird das aber wohl nicht. Weder im Fernsehen noch in der Politik.