Die 32-jährige Katerina Tretyakova gehört zum Ensemble der Hamburgischen Staatsoper. Jetzt hat sie einen wichtigen Preis gewonnen.
Hamburg. "Ich bin ein Kämpfertyp. Wettbewerbe sind deshalb eine reine Spaßsache für mich!", sagt Katerina Tretyakova lachend. Eine gesunde Einstellung. Mit der ist sie gerade weit gekommen: Trotz schwieriger Rahmenbedingungen - keine Einsingräume, Umkleiden auf dem Klo - hat sich die Sopranistin beim Francisco-Viñas-Wettbewerb in Barcelona gegen harte Konkurrenz durchgesetzt und den ersten Preis gewonnen. Ein Riesenerfolg für die 32-jährige Russin, die zum Ensemble der Staatsoper Hamburg gehört.
Dieser Sieg stößt neue Türen auf: "In der Jury sitzen wichtige Leute von Opernhäusern wie dem Covent Garden oder der New Yorker Met. Ich hab das einfach als Vorsingen betrachtet, wo ich die alle im Paket erwische", erzählt die sympathische Sängerin vergnügt.
Weil Katerina Tretyakova wusste, dass sie sich von Anfang an aus der Masse hervorragender Kollegen aus aller Welt abheben muss, hatte sie gleich für die erste Runde mit der Arie "Qui la voce" aus der Oper "I Puritani" einen schweren Bellini-Brocken ausgesucht. "Das ist schon eine Herausforderung, mit den ganzen Koloraturen, den langen Kantilenen und dem hohen Es - aber das Belcanto-Repertoire liegt mir einfach wie Butter in der Stimme."
Mit ihrem leuchtkräftigen Timbre, ihrer exzellenten Technik und einer strahlenden Höhe begeisterte sie Jury und Publikum gleichermaßen. Nach der "Traviata"-Arie in der Finalrunde toste der Bravosturm schon in die letzten Akkorde des Orchesters hinein.
Neben ihren sängerischen Qualitäten verfügt die lyrische Sopranistin aus Murmansk außerdem über genau die Präsenz, mit der man die Blicke der Zuschauer ansaugt. Und die werden nicht enttäuscht: Ihr ebenmäßiges und zugleich slawisch-markantes Gesicht mit den graublauen Augen - deren Ausdruck zwischen Schmuse- und Raubkatze changiert - würde jedes Hochglanzmagazin schmücken. Und dass sie auf der Bühne buchstäblich eine gute Figur macht, wissen Hamburger Opernbesucher aus der hiesigen "Bohème"-Inszenierung. Da gehört ein frivoler Tanz auf der Theke in luftiger Bekleidung zur Rolle der Musetta.
"Als ich zum ersten Mal von dieser Stripszene hörte, dachte ich, ich kann die Partie nicht annehmen", bekennt Tretyakova, "aber so schlimm ist es gar nicht; ich trage ja die ganze Zeit einen Body. Meine Mutter hat sich die Vorstellung einmal angeschaut und war einverstanden. Und die ist in solchen Dingen sehr streng!"
Ihre Eltern weckten früh das musikalische Interesse der jungen Katerina. Aber für die Oper hatte sie als kleines Kind zunächst nicht viel übrig. "Ich habe die Sänger ausgelacht. Für meinen Geschmack war das sehr komisch, dieses ganze Mundöffnen und die Grimassen. Deshalb ist es mir sehr wichtig, möglichst natürlich zu wirken."
Nach dem Besuch der Musikschule und dem Beginn des Studiums in Litauen zog es Katerina Tretyakova ans Mozarteum nach Salzburg, wo sie sich den Feinschliff holte. Von dort hat sie auch ihre Fernbeziehung und ein paar österreichische Vokalfarben mitgebracht, die sich reizvoll in ihren gutturalen Sprachduktus mischen. 2008 kam die Sopranistin dann ins Opernstudio der Staatsoper, seit 2010 gehört sie fest zum Ensemble. "Es war für mich genau die richtige Entscheidung - weil so ein renommiertes Haus einem die Möglichkeit gibt, von tollen Kollegen zu lernen. Außerdem ist die Atmosphäre im Ensemble sehr freundschaftlich, das ist überhaupt nicht selbstverständlich."
Ihre Entscheidung, nach Hamburg und nicht nach München zu gehen - das dortige Opernstudio wäre die Alternative gewesen -, hat sie nie bereut. Katerina Tretyakova liebt die Alster und die grünen Parks an der Elbe. Nur die Sache mit dem Schmuddelwetter schlägt ihr aufs Gemüt. "Dieser oft sehr graue Winter ist gar nichts für mich. Ich friere sehr leicht und brauche die Sonne, um Kraft zu tanken." Deshalb wäre ihr größter Wunsch, dass sie sich irgendwann mal ein Häuschen im Süden leisten kann, am liebsten in Italien. Das ist im Moment noch ein Luftschloss - aber wer weiß, was nach dem Wettbewerbsgewinn so alles möglich wird.
Katerina Tretyakova, "Ariadne auf Naxos". Am 2.2. und 7.2., jew. 19.30, "La Bohème". www.katerinatretyakova.com