Günter Rössler war der Pionier der DDR-Aktfotografie. Seiner Leidenschaft blieb er bis ins hohe Alter treu. Kurz vor seinem 87. Geburtstag ist er gestorben.
Leipzig/Berlin. Den Vergleich mit Helmut Newton hat er nie gemocht. „Bei Newton dominiert die Pose, bei mir geht es um höchstmögliche Authentizität der Mädchen“, sagte Günter Rössler. Er war der Pionier der Aktfotografie in der DDR, ein bedeutender Modefotograf – und eben der „Helmut Newton des Ostens“, dazu stilisiert, seit der Playboy 1984 eine Fotostrecke unter dem Titel „Mädchen der DDR“ druckte.
Rössler aber stellte seine Modelle nicht zur Schau, offenbarte stattdessen deren weibliche Natürlichkeit – in Schwarz-Weiß und ohne Schnickschnack. Rössler interessierte immer auch der Mensch hinter dem Modell, und das wird auch bei seinen Aufnahmen deutlich.
Am Silvestertag ist Günter Rössler im Alter von 86 Jahren gestorben. Als unprätentiös, treffend und stilsicher würdigt ihn der Berliner Jaron Verlag, der im vergangenen Herbst noch einen neuen Rössler-Fotoband mit Bildern aus der Zeit von 1964 bis 2009 herausgebracht hatte. Ein Meister seines Faches mit einem untrüglichen Gespür für zeitlose, natürliche Ästhetik, urteilt die Eulenspiegel-Verlagsgruppe.
Der Dokumentarfilm „Die Genialität des Augenblicks“ beleuchtet die sieben Jahrzehnte Rössler-Fotografie und lässt auch den Künstler selbst zu Wort kommen. Rössler erscheint dort ausnahmsweise vor der Kamera, die Arbeit dahinter aber hat er auch nie aufgegeben. „Es macht mir nach wie vor Spaß, warum soll ich aufhören“, hatte er Ende 2010, kurz vor seinem 85. Geburtstag, gesagt.
Rössler hatte zu Zeiten der deutsch-deutschen Teilung die Freizügigkeit als Sinnbild der kollektiven FKK-Welle ins Bild gerückt, war aber auch einer der wichtigsten Modefotografen der DDR. Seine Ehefrau Kirsten Schlegel hatte einst selbst für ihn posiert. Dauerhafte Berühmtheit erlangte er vor allem mit den Aktaufnahmen im „Magazin“ und den regelmäßigen Veröffentlichungen in der Modezeitschrift „Sibylle“. Abertausende Negative und Papierabzüge lagerten in Rösslers Archiv.
Die Arbeit in der Dunkelkammer fiel Rössler zuletzt schwer, doch er blieb der Analogfotografie treu. Ebenso seinem seit Jahrzehnten unveränderten Stil: „So wie ich glaube, fotografieren zu müssen, habe ich es bis heute durchgehalten“, sagte er damals zu seinem runden Geburtstag. Und wenn der „Playboy“ noch einmal anriefe wie in den 1980er-Jahren? „Wenn die Redaktion mit der gleichen Euphorie und Begeisterung wie damals dabei wäre, würde ich es machen.“