Das Motto der am Wochenende startenden ARD-Themenwoche lautet “Leben mit dem Tod“. Es geht um die Überwindung von Angst und Sprachlosigkeit.
Berlin. Als RBB-Intendantin Dagmar Reim das Projekt vorschlug, hat sich der eine oder andere Kollege an den Kopf gegriffen. Weil er die Quoten vor seinem geistigen Auge schon in den Keller rauschen sah. Eine Themenwoche über den Tod! Das war ja praktisch noch schlimmer als die Krebs-Woche 2006 ...
Nun, Reim hat sich durchgesetzt. Bis zum 23. November geht es auf allen ARD-Kanälen um Leben und Tod. In Dokumentationen, Spielfilmen, Reportagen, im Ersten, in den Dritten, im Hörfunk und im Internet. Nach dem Motto: "Sie werden sterben. Lasst uns darüber reden." Zu Wort kommen Ärzte und Theologen, Sterbehelfer und Rettungssanitäter, Grabgärtner und Trauerredner, Todkranke und Hinterbliebene. Dagmar Reim spricht von gesellschaftlicher Relevanz, die - zumal beim Blick auf die demografische Entwicklung des Landes - unbestritten ist. Ein umfassendes Informationsangebot zu ethischen, moralischen, religiösen und juristischen Aspekten solle dabei konkrete Hilfestellung geben. "Das Sterben", so die Intendantin, "ist keine Sache, die nur Alte und Kranke betrifft - es kann jederzeit jeden von uns treffen."
Folgerichtig geht es im ersten Themenkreis um unser Verhältnis zum Tod, beziehungsweise um die Überwindung von Angst und Sprachlosigkeit. Im Umgang mit todgeweihten Kindern ("Seelenvögel"), Menschen, die verzweifelt zurückbleiben ("Zeit der Trauer - allein weiter leben" "Wenn ein Kind ermordet wird - 17 Jahre später"), oder ihrem Leben selbst ein Ende bereitet haben ("Der Tod meiner Mutter oder Fünf Versuche, einen Film zu machen"). Es geht um Trauerarbeit und Totenkult.
Im zweiten Schwerpunkt "Wie wir sterben wollen" steht der Sterbeprozess im Mittelpunkt: Die Entscheidung darüber, wie, wo und wann gestorben wird, fällt ja auf der Grundlage moralischer, juristischer und religiöser Urteile sowie gesellschaftlicher Normen und politischer Rahmenbedingungen. Die Frage der Selbstbestimmung ist dabei ein zentrales Thema. Sie führt zur Palliativmedizin ("Wer hilft, wenn Heilung unmöglich ist?", ins Hospiz ("In Frieden sterben dürfen", "Nicht weinen, Mama") und zum ärztlich assistierten Suizid ("Sie bringen den Tod").
Im dritten Schwerpunkt "Was am Ende bleibt" wird diskutiert, was bleibt, wenn jemand gestorben ist. Physisch und metaphysisch. Es geht um Skepsis ("Sterben ohne Glauben") und Gottvertrauen ("Auf den letzten Metern zu Gott"), um Trauermusik ("Zum Sterben zu schön - Musik für das Finale") und Beerdigungsetikette ("Gestorben wird immer ..."), um die Einsamkeit ("... und am Ende wird entrümpelt") und schnödes Geld ("Verarmt, verstorben, verscharrt - Wenn der Tod zu teuer ist").
Zur Auflockerung streut die ARD Gesprächsrunden und programmatisch passende Spiel- und Fernsehfilme über die Woche. Für Höhepunkte sollen neben den Wiederholungen (etwa Jo Baiers "Das Ende ist mein Anfang") die Filme von Matthias Tiefenbacher und Rainer Kaufmann sorgen.
Sieben Tage und sieben Nächte dreht sich bei der ARD also (fast) alles ums Ende. Dafür, dass es nicht zu düster wird, sorgen unter anderem der Kabarettist Dieter Nuhr, der neben Margot Käßmann und Reinhold Beckmann übrigens einer der drei Paten dieser Themenwoche ist und dafür das Special "Nuhr am Leben" zusammengestrickt hat, und einer wie der zehnjährige Jonathan. Der stellt sich sein Ende so vor: "Ich persönlich möchte bis 85 leben. Also, nach 85 wird's dann ein bisschen schwierig." Jonathan möchte dann übrigens zu Hause sterben, ein Ende im Krankenhaus kommt für ihn nur unter der Bedingung in Frage, "dass ich da noch 'n bisschen beatmet werde - dass ich noch meine Familie einladen kann, wenn's knapp wird". Mit Einsprengseln wie diesen bewahrheitet sich, was Dagmar Reim versprochen hat: "Es wird nicht trauerkloßig!"