Wie es wohl werden wird. Im Alter - in 30, 40 Jahren. Gibt es dann die Rente noch? Auch für mich? Ist Altsein heute schlimm und morgen furchtbar? Muss das so kommen? Da muss es eine Lösung geben. Aber wie sieht die aus? Ein Gedankenaustausch zwischen Alt und Jung. Auf dem Weg in die Zukunft.

Am 3. April 2041 gehe ich in Rente. Wenn alles gut läuft und das Rentenalter nicht noch weiter nach oben korrigiert wird. Dann bin ich 67 Jahre alt. Neben dem, wie ich dann aussehen werde oder was für technische Neuerungen es gibt, ob wir noch Handys oder das Internet benutzen, frage ich mich immer öfter, wie ich dann leben werde und vor allem wovon. Werde ich einer dieser glücklichen Rentner aus der Werbung sein, am Strand fernreisen-braungebrannt spazieren gehen, grauhaarig, aber wirklich gut drauf, oder aber in meiner kleinen Küche sitzen, auf einem Plastikstuhl, den Teebeutel zweimal benutzen und die Prospekte der Discounter vergleichen? Ich habe Angst vor der Altersarmut.

Der Wirtschaftsweise Bert Rürup hat sie mir gemacht. Meinhardt von Biedermann hatte diese Angst nie. Er ist 77 Jahre alt und heute Rentner. Sein Geld reicht, es ist so viel, dass er in einer gepflegten Seniorenresidenz an der Elbe leben kann. Wir stehen am Altonaer Balkon. Er ist eine elegante Erscheinung, wenn das Altsein so aussieht, braucht man keine Angst zu haben. Er hat gespart und gearbeitet, nicht geerbt, ist nicht reich geboren. Als kaufmännischer Angestellter war er mehr als 40 Jahre bei einer Firma angestellt. "Als ich anfing zu arbeiten, ging es immer nur bergauf. Wir mussten uns um unsere Rente keine Sorgen machen", sagt er.

Alter und Armut. Das sind eigentlich zwei Wörter, die nicht zusammenpassen. Niemand sollte im Alter arm sein müssen. Das schickt sich nicht. Alte Menschen haben Würde und Anerkennung verdient, nicht Armut und Not. Diese Empfindung ist natürlich total irrational, weil es auch Menschen gibt, mit denen man kein Mitleid haben muss. Doch alte Menschen haben Falten, einen Gehstock, schlechte Augen und müde Gelenke, die Zeichen der Zeit. Auch Herr von Biedermann kann nur langsam gehen, aber er kann es sich leisten, wegen des voranschreitenden Muskelschwunds in ein Fitness-Studio zu gehen. Manche Alte sind irgendwann hilflos wie Kinder und bedürfen der Hilfe. Sie sollten die Zeit zwischen dem Ende der Erwerbstätigkeit und dem Beginn der Krankheiten genießen. Und nicht nach der Verrentung Hilfsjobs machen müssen. Der Mohr hat mit Mitte 60 seine Schuldigkeit getan. Dann sind doch andere dran.

Glaubt man Bert Rürup, dann sind mehrere Millionen Menschen künftig von Altersarmut in Deutschland bedroht. Vor allem gilt das für Selbstständige, einen Teil der Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener ohne Vermögen. Das alles bin ich nicht. Aber lange schon wird uns vermittelt, dass die gesetzliche Rente nicht reichen wird. Wörter wie "Versorgungslücke" beunruhigen mich. Versicherer werben mit privaten Versicherungsmodellen und beim Gespräch mit meinem Bankberater, der mir beste Rendite bei Aktienfonds verspricht, werde ich umso ratloser.

Kann die gesetzliche Rente nicht einfach ausreichen? So wie früher. Aus meiner Kinderzeit kommt mir ein Satz in Erinnerung: "Die Rente ist sicher." Versprochen vom damaligen Arbeitsminister Norbert Blüm. Das war 1986 und ein Gefühl, mit dem ich lange gelebt habe. Jetzt, 22 Jahre später, ist klar, dass wir immer mehr Alte sein werden und immer weniger Junge, die die Rente erwirtschaften. Der Generationenvertrag - wird er noch aufgehen? Zu mir. Ich bin jetzt 34 Jahre alt, müsste also noch 33 Jahre arbeiten gehen bis zur Rente. Bis dahin ist also noch Zeit, eigentlich, dann auch wieder nicht. Denn wer weiß schon, was passiert? Ich könnte Kinder bekommen, aussetzen für eine Zeit, arbeitslos oder krank werden.

Seit zwei Jahren bin ich fest angestellt. Vorher habe ich zwei Jahre eine Ausbildung gemacht, und davor während und nach dem Studium an der Uni gejobbt. Richtig viel eingezahlt in die Rentenversicherung habe ich also noch nicht. Vor ein paar Wochen habe ich meine erste "Renteninformation" von der Deutschen Rentenversicherung bekommen. Die Summen, die einem dort ausgerechnet werden, beziehen sich immer auf den Durchschnittsverdienst der vergangenen fünf Jahre. Darin heißt es: "Ihre bislang erreichte Rentenanwartschaft entspräche einer monatlichen Rente von: 118,47 Euro." Ein Debakel. Gut, da ich eh nicht vorhatte, morgen in Rente zu gehen, nicht so schlimm. Aber "sollten bis zur Regelaltersgrenze Beiträge wie im Durchschnitt der letzten fünf Jahre gezahlt werden, bekämen Sie ohne Berücksichtigung von Rentenanpassungen von uns eine monatliche Rente von: 1151,68 Euro." Ehrlich gesagt, finde ich das gar nicht so schlecht. Doch wie viel wird das in 34 Jahren noch wert sein? Ich rufe beim Servicetelefon der Deutschen Rentenversicherung an. Eine freundliche Dame erklärt mir: "Bei einer Inflationsrate von beispielsweise 1,5 Prozent pro Jahr werden bei Erreichen ihrer Regelaltersgrenze 100 Euro voraussichtlich nur noch eine Kaufkraft nach heutigem Wert von etwa 61 Euro haben."

Danke, denke ich. Das würde bedeuten, dass meine 1151,68 Euro real nur noch 702 Euro und ein paar Zerquetschte wert wären. Das kann man dann wohl getrost "Versorgungslücke" oder auch "Altersarmut" nennen. Die Kosten für meine Wohnung betragen jetzt schon fast 700 Euro. Ich frage nach einem Begriff, der mir hier irgendwie passend vorkommt: "Und was ist mit der Rentenanpassung?" "Ja", sagt die Frau, "damit können Sie natürlich rechnen, aber das muss die Regierung beschließen." Ich zweifle schon. Sie redet weiter. "In den vergangenen Jahren gab es einige Nullrunden, aber im Juli 2007 gab es eine Rentenanpassung von einem halben Prozent." Wird schon, denke ich. "Das können die doch nicht machen, die Renten nicht anpassen", sage ich zu der Frau. Sie lacht. "Wenn der jährliche Anpassungssatz ein Prozent betragen würde, ergäbe sich eine monatliche Rente von 1590 Euro, bei zwei Prozent 2210 Euro." Das wäre doch schon wirklich gut. Zwei Prozent. Das wäre eine Realrente nach Kaufkraftverlust von 1348,10 Euro. Schon besser. Doch wer weiß, ob die Renten angepasst werden, orientiert an den steigenden Löhnen.

Aber wenn die Löhne gar nicht steigen - und selbst wenn? Wenn weniger Arbeitnehmer einzahlen in die Rentenversicherung, ist doch auch weniger drin in der Kasse. Die Beraterin sagt noch. "Für den Fall ist es so, dass die Politik das anders regeln muss. Die Rente zum Beispiel aus Steuereinnahmen finanziert werden könnte." Es muss so kommen. Wenn in 33 Jahren doch schon klar ist, dass nicht genug für alle da ist. Oder nicht? Daher vielleicht das Gerede über die private Rentenvorsorge. Wir sollen selber zusehen. Ich gehe zur Beratung der Verbraucherzentrale. Mich erwartet Edda Castello (49). Sie trägt eine Strickjacke und Stoffhose, keinen Anzug wie mein Bankberater. Sie sagt: "Es geht den Rentnern immer so, wie es den aktuellen Arbeitenden geht." Da sehe ich ja ziemlich schwarz, weil ich nicht glaube, dass es genug Arbeitende gibt, wenn ich in Rente gehe.

Von dieser ganzen Debatte scheint Frau Castello genervt zu sein. "Es wird so getan, als ob alle Rentner in die Armutsfalle tappen." Wer 40 Jahre arbeiten gehe, für den reiche auch die gesetzliche Rente. Panikmache, denke ich. Na klar. Geschäftemacherei der privaten Versicherer. "So ist das auch nicht ganz", sagt sie dann. Es gehe vor allem um die "Versorgungslücke". Dieser Begriff beschreibt einen Zustand zwischen Anspruch und Wirklichkeit oder Gewohnheit und finanziellem Abstieg. Die Frage sei vielmehr, wie ich leben möchte, wenn ich alt bin. Genau, denke ich, genau. Aber weil ich es heute noch nicht weiß, möchte ich, wenn ich alt bin, wählen können. Mir aussuchen, ob ich auf Balkonien bleibe oder lieber ein paar Wochen auf den Balearen. Oder wie Meinhardt von Biedermann wählen können, ob ich in ein Altenheim mit Linoleumboden oder in eine Seniorenresidenz mit Parkettboden und Fenster mit Aussicht ziehe.

Wir gehen ein paar Modelle durch. Versicherungen, schlecht, zu wenig Rendite, zu lange Anlagezeit. Besser seien für einen "jungen Menschen wie Sie" Fonds oder Sparverträge auf einen kürzeren Zeitraum von ein paar Jahren angelegt. Das biete mir Flexibilität in meiner Lebensplanung und mehr Zinsen. Doch vor allem stehe die Riester-Rente, "die ist unschlagbar", sagt Frau Castello, weil man Geld vom Staat bekommt. Super, denke ich. Doch bei der Frage, wie viel ich im Monat übrig hätte, komme ich ins Stocken. Ich schäme mich ein bisschen. Eigentlich bleibt am Monatsende nie etwas über.

Ich gebe zu viel aus und außerdem habe ich vor einem Jahr meinen Dispositionskredit in einen Kleinkredit umgewandelt. Der Dispo war so hoch, aufgebaut aus der Studien- und Ausbildungszeit. "Damit stehen Sie ja nicht allein da", sagt Frau Castello. Rund 50 Prozent aller Leute sind ständig im Dispo oder haben Schulden. Deutschland ein Schuldenland. Ihre Parole lautet: Sparen, um Schulden abzubauen, so schnell wie möglich, und dann wieder sparen. Ich weiß nicht, was mich mehr trifft, die jetzt öffentliche Tatsache, dass ich Schulden habe oder dass ich sparen soll. Ich gehe, bedanke mich und weiß, was ich zu tun habe. Sparen war immer was für Spießer. Für Lebensentsager. Für Leute, die keinen Spaß, an den Möglichkeiten des Geldes hatten. Shoppen, reisen, essen gehen.

Ich frage Meinhardt von Biedermann, wie er gespart hat. Beim Stichwort "Essen" regt er sich auf: "Wann sind wir schon mal essen gegangen? Einmal im Monat zum Griechen vielleicht." Seine Anzüge habe er so lange getragen, bis sie abgenutzt aussahen. Und obwohl er so sparsam gelebt habe und wir so viel Geld verschwenden, sagt er: "Noch mal in eurer Generation leben möchte ich nicht." Demografischer Faktor, häufiger Arbeitsplatzwechsel, Arbeitslosigkeit. Ich nicke nur. Er beendet seine Rede: "Da freue ich mich, jetzt Rentner zu sein." Klar, denke ich, ich zahle ja für dich. 9,95 Prozent jeden Monat von meinem Bruttogehalt. Es wird Zeit, erwachsen zu werden, auch wenn das Sparen verheißt. Ende der Spaßgesellschaft. Irony is over. Und ich fange an zu hoffen, auf Marian (einen Monat alt), den Sohn einer Freundin.