Mit einem Antrag in der Bürgerschaftssitzung will die SPD gezielt die Musikwirtschaft stärken. Profitieren würde auch das Reeperbahn-Festival.
Hamburg. Gern brüstet sich die Hansestadt damit, eine der wichtigsten Musikstandorte in Deutschland zu sein: weil es eine florierende Klubszene besitzt und weil hier in den vergangenen 50 Jahren viel innovative Popmusik mit großer Strahlkraft entstanden ist. Künstler, Klubbesitzer und Leute, die mit Musikwirtschaft ihr Geld verdienen, haben jedoch immer wieder strukturelle Probleme, bürokratische Hindernisse und mangelnde Unterstützung beklagt. In der heutigen Bürgerschaftssitzung wird die SPD-Fraktion einen umfassenden Antrag zur Musikwirtschaft einbringen, der die Betreffzeile trägt: "Hamburg als europäische Musikmetropole stärken!"
"Es gibt schon seit Längerem intensive Gespräche mit Branchenvertretern und der Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft (IHM). Irgendwann war es mal an der Zeit, diese Probleme zu benennen und dafür Sorge zu tragen, dass Hamburgs Position als wichtige Musikmetropole in Deutschland und in Europa ausgebaut wird", sagt Hansjörg Schmidt, seit Beginn dieser Legislaturperiode medienpolitischer Sprecher der SPD.
Unter anderem wird der Senat in den sieben Antragspunkten aufgefordert zu prüfen, wie Reeperbahn-Festival und das dazugehörige Branchentreffen Reeperbahn-Campus dauerhaft finanziell abgesichert werden können. "In der Vergangenheit wurde das Festival aus verschiedenen Töpfen aus Hamburg und Berlin gefördert. Das soll nach dem Willen der Fachbehörden aufhören. Diese dauerhafte Förderung bedeutet ein klares Bekenntnis zum Reeperbahn-Festival. Der Begriff 'Reeperbahn' ist national wie international zu einem Synonym für eine vibrierende Livemusikszene in Hamburg geworden", so Schmidt.
Alexander Schulz, Geschäftsführer des Reeperbahn-Festivals freut sich darüber, dass dieses 2006 von ihm gegründete Ereignis eine dauerhafte Förderung bekommen soll. "Welchen Stellenwert das Hamburger Festival erreicht hat, lässt sich daran ablesen, dass es auch in Zukunft aus Bundesmitteln über den Etat des Kulturstaatsministers Bernd Neumann (CDU) unterstützt wird und im Bundeshaushalt einen festen Titel bekommen soll", sagt Schulz. Es sei schon etwas Besonderes, dass jetzt auch Popmusik eine Förderung erhalte und nicht nur Hochkultur und Filmfestivals.
Auch einen Vergleich mit Berlin zieht Alexander Schulz heran: "Der Berlin Music Week werden vom Berliner Senat in Zukunft 700 000 Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt, eine Summe, die weit höher ist als die gesamte Unterstützung für das Reeperbahn-Festival." Weiterhin einsetzen will sich die SPD-Fraktion auch für den Bau einer Konzerthalle mit bis zu 4000 Plätzen. Nachdem Pläne für einen solchen Klub auf dem Gelände der Alten Rindermarkthalle zwischen Budapester Straße und Feldstraße nach den vehementen Protesten der Anwohner wieder aufgegeben worden sind, suchen die Betreibergesellschaften nach neuen Standorten. "Unserer Auffassung nach ist der Bedarf riesengroß", so Hansjörg Schmidt. Timo Wiesmann, Geschäftsführer der IHM, bestätigte, dass mögliche Betreiber zurzeit zwei bis drei Flächen auf St. Pauli prüfen würden. "Wichtig ist, nach den Auseinandersetzungen der Vergangenheit keine neuen Konflikte zu schüren. Wenn man keinen geeigneten Platz auf St. Pauli findet, sollte die Suche erweitert werden. Auch ein Standort in der HafenCity ist unter Umständen denkbar", so Wiesmann.
Seit Jahren monieren die Betreiber von Musikklubs wie Molotow, Gruenspan oder Knust, dass es nicht genug Flächen in der Stadt gebe, um Konzertplakate aufzuhängen.
Auch hier möchte die SPD für neue Möglichkeiten durch zusätzliche Stellwände sorgen. Leif Nüske, Betreiber des Mojo Clubs und Vorstandsmitglied in der IHM, geht der Antrag der SPD nicht weit genug. "Ich begrüße, dass dieses Problem der Werbeflächen überhaupt benannt worden ist. Aber es muss auch der Wille zur Umsetzung da sein. Musikplakate sind gelebter Rock 'n' Roll, aber sie verschwinden immer mehr aus dem Stadtbild. Sie sind wichtige Kulturwerbung."
Auch das Problem der Stellplatzabgabe für kleine und mittlere Kulturklubs soll nach Willen der SPD geprüft werden. Mit dieser Abgabe können sich Bauherren von der Pflicht befreien, eine Garage oder einen Stellplatz zur Verfügung zu stellen. Für die Stadt eine lukrative Einnahmequelle, bei der Neugründung eines Klubs eine finanziell kaum überwindbare Hürde für den Betreiber. Die Haltung der IHM dazu ist eindeutig. Nüske: "Kulturbetriebe müssen davon befreit werden. Es ist ein hausgemachtes Hamburger Problem. In Berlin gibt es so etwas auch nicht."
Hansjörg Schmidt sieht Hamburg auf einem guten Weg, in Zukunft noch stärker als Musikstadt wahrgenommen zu werden: "Das Reeperbahn-Festival strahlt, wir haben viele gute Klubs und erhalten mit dem Mojo noch ein Flaggschiff hinzu. Wenn wir jetzt noch eine 4000er-Halle bekommen, haben wir eine weitere Lücke geschlossen."