“Kitchen Stories“: Regisseur Bent Hamer über seinen neuen Film und seine Vorliebe für schrullige Typen.

Hamburg. In Küchen, das lehrt die Erfahrung, lassen sich auf Partys oft am besten Gerüchte und andere Nachrichten hochkochen. Wie schwer die Kommunikation an dieser so wichtigen Kochstelle aber auch sein kann, ist das Thema von "Kitchen Stories".

Der Film des norwegischen Regisseurs Bent Hamer erzählt, wie schwedische Forscher in den 50er-Jahren untersuchen wollten, wie sich norwegische Junggesellen in ihren Küchen bewegen, um funktionellere Küchen bauen zu können. Die skurrile Komödie war in Skandinavien ein Kassenknüller und auf internationalen Festivals ein großer Erfolg. Hamer gewann Preise in Sao Paulo, Valladolid und Kopenhagen. Der Film war auch für den Auslands-Oscar nominiert.

Grundlage der Geschichte sind harte Fakten. Das Schwedische Forschungsinstitut für Heim und Haushalt hatte in einer Studie 1950 die Laufwege einer Hausfrau zwischen den Küchenbereichen aufgezeichnet. Das Ergebnis war ein schönes Diagramm. "Ich hatte das Buch mit diesen Zeichnungen schon 20 Jahre", erinnert sich Hamer. Er wollte es als Grundlage für ein Drehbuch benutzen, wusste aber lange nicht, wie. "Als es Schwierigkeiten mit einem anderen Projekt gab, habe ich es mit in den Garten genommen und dort nur eine Seite geschrieben, ich war gleich begeistert. Es passiert mir selten, dass ich so genau sagen kann, woher meine Ideen kommen."

Die Grundidee ist einfach: Ein Mann beobachtet einen anderen in seiner Küche. Was Hamer aus dieser Konstellation herausholt, ist wunderbar. Der Beobachter Folke sitzt auf einem Hochstuhl in der Ecke. Vor ihm am Tisch der kauzige alte Hausbesitzer Isak, der sich aber gar nicht beobachten lassen will. Deshalb hat er Küchengeräte nach oben in sein Schlafzimmer geschleppt, wo er heimlich kocht und von wo er durch ein Loch im Boden seinerseits Folke observiert. Da beide nicht miteinander sprechen dürfen, ist der Film lange ein stummes Duell zweier komischer Vögel. Das ist sehr lustig, es geht aber auch um Varianten des Voyeurismus, und es werden Machtspiele gespielt, die teilweise philosophische Anklänge haben.

"Meine erste Probevorführung habe ich vor norwegischen Top-Wissenschaftlern des Friedensinstituts gezeigt", erzählt Hamer. "Einer von ihnen schrieb gerade einen Artikel über die Mechanismen der Macht und hat den Film gleich als Quelle genutzt und zitiert." Der Regisseur fühlte sich geschmeichelt. Als Lösungsmodell für politische Konflikte sieht er seinen Film nicht. Aber als Anschauungsmaterial dafür, wie eine kritische Situation eskaliert.

Dass der 1956 geborene Regisseur Humor hat, weiß man schon seit seinem ersten Spielfilm. In "Eggs" (1995) geht es um zwei schrullige Brüder, die ihr ganzes Leben zusammengewohnt haben, als plötzlich der Sohn des einen auftaucht. Auch dieser Film spielt in einer reinen Männerwelt. "Oh, ich mag Frauen sehr", stellt Hamer klar. "Aber in diesem Film sollte es um reine Freundschaft gehen. Wir wollten keine sexuellen Untertöne." In Zeiten wie diesen ein reichlich exotischer Ansatz.

Der Film macht auch ulkige Anspielungen auf das nicht immer spannungsfreihe Verhältnis der Skandinavier untereinander. In Norwegen werden kaum schwedische Filme gezeigt, in Schweden kaum norwegische. Hamer findet das albern. "Wir sprechen doch fast die gleiche Sprache." Es habe ihn sehr gefreut, dass ein schwedischer Kritiker über seinen Film geschrieben habe: "Den müsst ihr sehen, auch wenn er aus Norwegen ist."

Hamer zieht es für sein nächstes Projekt in die USA. Nein, nicht nach Hollywood. Er hat die Verfilmung von Charles Bukowskis Roman "Faktotum" geplant. "Ich möchte in sein Universum gucken, und ich will, dass die Leute es erkennen, auch wenn sie selbst ein ganz anderes Leben leben." Und der Titel passt. Nicht nur auf Bukowski, sondern auch auf Hamers Helden.

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