Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März hat geringere Schäden an den Archivalien angerichtet als zunächst befürchtet. Rund 85 Prozent sind bereits geborgen.
Köln. Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor drei Monaten ist so gut wie nichts völlig verloren gegangen. „Es ist sensationell, dass alles noch irgendwie da ist“, sagte die Leiterin des Archivs, Bettina Schmidt-Czaia, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Zustand des Materials sei zwar sehr unterschiedlich, aber nur weniger als ein Viertel sei zerschnipselt, und auch hier bestehe Hoffnung: So wie einst die zerschredderten Stasi-Akten sollen auch die Archiv-Schnipsel wieder zusammengesetzt werden, und zwar mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Software. Die Restaurierung des gesamten Materials kann allerdings 30 Jahre dauern – oder länger.
85 Prozent des Gesamtbestandes sind mittlerweile geborgen. Die restlichen 15 Prozent liegen in einer Baugrube der U-Bahn im Grundwasser. Die Feuerwehr prüft zurzeit, wie dieses Material am Besten hochgeholt werden kann. „Wir werden das nicht aufgeben“, sagte Schmidt-Czaia. „Wir brauchen alles, wir fordern alles.“ Im übrigen benötige das Archiv vor allem eines: „Geld, Geld, Geld.“ Es gehe um „einen hohen dreistelligen Millionenbetrag“. Der Bund, das Land und die Stadt seien in der Pflicht, vielleicht könne man auch bei der EU Mittel loseisen.
Ein neuer Archivbau wird nach Schätzungen fünf bis sieben Jahre auf sich warten lassen – Schmidt-Czaia fordert hier eine unverzügliche Entscheidung der Stadt noch vor der Kommunalwahl am 30. August: „Es muss hier Vernunft her!“ Für die Zeit bis zur Fertigstellung wünscht sich Schmidt-Czaia ein provisorisches Archiv mit Besucherzentrum und Lesesaal in der Innenstadt.
So furchtbar der Einsturz auch war, für die Archivare hat er nach Schmidt-Czaias Erfahrung auch sein Gutes gehabt: „Archivare aus der ganzen Republik schreiben mir, dass sie bei ihrer Verwaltung jetzt ganz anderes Gehör finden.“ Plötzlich habe die Öffentlichkeit erkannt, welche Schätze in den Archiven schlummerten. „Das hätte man ohne den Einsturz nie gehabt – wobei mir der Preis natürlich zu hoch ist.“
Positiv sei vor allem auch die große Hilfsbereitschaft. Mittlerweile haben 1500 Restauratoren, Archivare, Wissenschaftler, Studenten und andere Freiwillige mitgeholfen. Besonders intensiv sei die Zusammenarbeit mit den benachbarten Niederländern und Belgiern: „Die Niederländer haben angeboten, die Hanse-Bestände zu restaurieren.“