Die Bildhauerin Inka Uzoma hat das Denkmal für die berühmte Hamburger Volksschauspielerin fertiggestellt - auf Initiative des Abendblatts.
Hamburg. Im Leben von Inka Uzoma dreht sich zurzeit alles um Heidi Kabel. Gemeinsam mit ihrem Mann hat die Hamburger Bildhauerin und Malerin in den letzten Monaten alle alten Filme der beliebten Volksschauspielerin gesehen, die im vergangenen Jahr im Alter von 95 Jahren verstarb. Auch durch die Tiefen des Archivs des Ohnsorg-Theaters, damals noch in den Großen Bleichen, hat sich die Künstlerin gewühlt.
Seit Uzoma vom Hamburger Abendblatt und dem Ohnsorg-Theater damit beauftragt wurde, eine lebensgroße Bronzeplastik der Hamburger "Deern" Heidi Kabel zu schaffen, bestimmt die plattdeutsche Bühne und ihr größter Star den Arbeitsalltag Uzomas: "Es ist ein Wunder, dass wir noch nicht Plattdeutsch miteinander reden", sagt ihr Mann und lacht.
Beim Besuch in Inka Uzomas Wirkungsstätte ließ die renommierte Künstlerin, die in Hamburg Bildhauerei studierte, das Abendblatt in den vergangenen Monaten an der Entstehung der bronzenen Heidi teilhaben. In einem abgeschiedenen Fachwerkhaus in Donstorf im Landkreis Diepholz hat sich die ehemalige Hamburgerin mit den dunkelroten Locken und dem fröhlichen Lachen vor vier Jahren gemeinsam mit ihrem Mann zurückgezogen, um sich in Ruhe der Kunst zu widmen. Auch ihr Partner Tietsche Burmeister ist Künstler, betrieb zudem bis vor ein paar Jahren drei Jahrzehnte lang die Kneipe "Jahrmarkt" in Eimsbüttel.
Das gesamte Haus und Grundstück des Künstlerpaares ist mit Kunstwerken und Skulpturen übersät. In der Mitte des als Atelier umfunktionierten, lichtdurchfluteten Wintergartens entstand das Heidi-Denkmal. Sechs Monate dauerten die Arbeiten an der lebensgroßen Figur. Zunächst war sie nur ein Tonklumpen, langsam ließ dieser die Statur einer Frau erkennen. "Vor allem das Gesicht hat viel Zeit gekostet", verrät die Bildhauerin. Die Kopfmaße der Schauspielerin hat Uzoma von der Maskenbildnerei des Ohnsorg-Theaters bekommen. Ihre Körpermaße von ihrem privaten Couturier Jürgen Hartmann. Vor wenigen Tagen erst wurde das 1,63 Meter große Denkmal nun endlich in Bronze gegossen. Inka Uzoma ist glücklich mit dem Ergebnis.
Um für ihre Plastik eine Idee von Heidi Kabels Gestik, Körper und ihrer Ausstrahlung zu bekommen, studierte die gebürtige Westfälin Uzoma, die jahrelang als Maskenbildnerin für das Theater und Fernsehen arbeitete, intensiv Archivaufnahmen des Ohnsorg-Theaters. Proportionen, Haltung, Körpersprache: Das alles verinnerlichte Uzoma, um der lebenden Heidi Kabel möglichst nahezukommen.
Es war auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit. Als sie beim tagelangen Filmegucken auf den alten Schwarz-Weiß-Film "Tratsch im Treppenhaus" stieß, kamen der Bildhauerin Kindheitserinnerungen: "Als Kinder haben wir uns so darüber amüsiert. Eine großartige Rolle von Heidi." Der Film von 1962 ist Uzomas Lieblingsfilm.
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Schaut man durch die Fenster des rundum verglasten Ateliers, schweift der Blick über die saftigen Wiesen der Diepholzer Peripherie. Nichts lenkt ab von dem, was hier drinnen geschieht, woran gearbeitet, wie gewerkelt wird. Überall im Atelier hängen Fotos und Kopien der Volksschauspielerin - in sämtlichen Posen und Situationen. "Ich lebe plötzlich in einer Ohnsorg-Welt", sagt die Künstlerin und muss lachen.
Wenn sich Inka Uzoma mit der Arbeit an einer Plastik beschäftigt, taucht sie ganz ab in die Welt der Figur, die sie nachbildet. Das war auch bei Helmut Rahn so. 2004 erschuf Uzoma eine lebensgroße Bronzestatue des Fußballers. Heute steht das Denkmal, das den WM-Helden in seiner legendären Schusshaltung zeigt, vor dem Essener Georg-Melches-Stadion.
Auch so mancher Hamburger wird sicherlich eine Bronzeskulptur Uzomas kennen - wenn auch unbewusst: Zum Beispiel die Arbeit "Wo ist eigentlich Hamburg-Fuhlsbüttel", die im Neubertbogen in Jenfeld steht. Oder "Der Philantrop", der vor der Landdrostei in Pinneberg auf einer Parkbank sitzt. Das Heidi-Kabel-Denkmal zeigt die Schauspielerin dagegen in Bewegung. "Ich wollte nicht die private Heidi zeigen, sondern die Volksschauspielerin, die wir alle kennen und lieben."
Eine Theaterszene war das Vorbild für Uzomas Plastik. Sie zeigt den Ohnsorg-Star mitten im Gespräch. Die eine Hand in die beschürzte Hüfte gestützt, mit der anderen Hand gestikulierend. "Das ist doch typisch Heidi", sagt Uzoma. So soll sie in Erinnerung bleiben.
Ob das auch die Hamburger so sehen, bleibt abzuwarten. Am 4. September wird das Bronzedenkmal vor dem neuen Ohnsorg-Theater auf dem dann umbenannten Heidi-Kabel-Platz enthüllt. "Das ist dann die Stunde der Wahrheit", sagt Uzoma, "werden die Leute meine Heidi annehmen?" Vor allem auf die Reaktionen der Menschen, die Heidi Kabel persönlich gekannt haben, ist Uzoma gespannt. Vorfreude und Angst bestimmen das Bauchgefühl der Bildhauerin vor der Enthüllung.
Im Atelier in Donstorf sind derweil die letzten Spuren der Arbeiten beseitigt. Jetzt heißt es: Warten auf den großen Tag, an dem jeder die Skulptur sehen kann. Ob die Künstlerin die Hamburger Deern, die monatelang in ihrem Wintergarten hauste, vermissen wird? "Nein", sagt Inka Uzoma mit einem Lächeln. Sie habe gern an dem Denkmal gearbeitet, aber jetzt gehöre es unter die Menschen: "Heidi gehört allen." Und sollte sie in Zukunft doch einmal Sehnsucht haben, muss sie nur zum Heidi-Kabel-Platz nach Hamburg fahren, wo die Heidi in Bronze steht und Besucher mit einem Lächeln begrüßt.