Nach der Aufzeichnung seines Konzertes für die “MTV-Unplugged“-Reihe feierte Udo Lindenberg mit Freunden im Hotel Atlantic weiter.

Der Meister kam als letztes. Wie es sich gehört für einen, der den großen Auftritt schätzt. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als Udo Lindenberg, begleitet von seiner Entourage, spätnachts durch die Empfangshalle des Hotel Atlantic schritt. Lächelnd, die Zigarre lässig im Mundwinkel. Kameras wurden gezückt, Udo-Doubles versuchten über die breite Schulter seines Leibwächters Eddy Kante ein Foto ihres Idols zu machen. Sie wollten ihn festhalten, diesen legendären Freitagabend, der ohnehin unvergesslich ist. Für die Fans – und für den Künstler selbst.

Denn wenige Stunden zuvor hatte Udo Lindenberg auf Kampnagel sein Konzert für die renommierte "MTV Unplugged“-Reihe aufgezeichnet. In einer besonderen Kulisse, mit Bar und Rezeption, originalgetreu dem Atlantic nachempfunden, seinem Wohnzimmer. Dies sorgte offenbar für Wohlfühlatmosphäre beim 65-Jährigen. Die Schuhe blieben daher aus, auf knallgrünen Socken tänzelte er über die Bühne, wirbelte mit dem Mikrofon, gurgelte zwischendurch mit einem Schluck Eierlikörchen, herzte vereinzelt Damen aus dem Publikum, das ihn, den ewigen Panikrocker, trotz den tropischen Temperaturen in der Halle begeistert feierte. Zu "Andrea Doria“ wurde mitgesungen, zur "Reeperbahn“ mitgegrölt und zwischendurch "Udo, Udo, Udo“ angestimmt.

Eine "super Energie“ lautete das Fazit des Ausnahmerockers. Das mag zum einen am Verzicht auf Verstärker und dem Einsatz eines Streicherensembles gelegen haben – vor allem jedoch trug er selbst dazu bei, mitsamt seinen Gästen. Stefan Raab trommelte zu "Johnny Controletti“, lächelte dabei, so schien es, fast noch glückseliger als nach seinem Auftritt beim Eurovision Song Contest. Jan Delay und Max Herre standen ebenfalls auf der Bühne. Große Musiker, die sich vor einem verneigen, mit dem sie aufgewachsen sind. "Udo“, sagt Jan Delay, "ist mein musikalischer Ziehpapa.“ Eine väterliche Figur, zu der sie aufschauen, weil Lindenberg sich treu geblieben ist – und dabei doch stets weiterentwickelte. Er macht sein Ding, erzählt Udo Lindenberg auf der Bühne. "Da habe ich mich als Junge von Hermann Hesse inspirieren lassen.“ Längst ist er es nun, der andere Karrieren beeinflusst.

"Als Kind war ich großer Fan“, erzählt Max Herre. Mit acht Jahren habe er bei jeder Familienfeier "Sonderzug nach Pankow“ singen müssen. Als er dann mit seiner Band Freundeskreis das erste Album herausbrachte, rief Udo Lindenberg persönlich an, um ihm zu gratulieren. "Er hat uns dann in Stuttgart besucht, saß mit uns im Garten auf einem Klappstuhl und sprach über deutsche Texte. Das werde ich nie vergessen.“ Den Song "No Future“ schrieb er gemeinsam mit seinem Idol, bei "MTV Unplugged“ präsentierten sie ihn allerdings erstmals.

Auch Clueso verbindet viel mit dem Mann mit Schlapphut und Sonnenbrille. Er ist in Erfurt aufgewachsen, sein Vater besaß einige Platten von Udo Lindenberg, die in der ehemaligen DDR schwer zu bekommen waren. "Er versteckte sie im Wohnzimmer, das nachts abgeschlossen war“, erinnert sich der Sänger. "Einmal habe ich die Tür aufgebrochen, mir stundenlang die Musik angehört und Süßigkeiten gegessen. An diesen Moment musste ich auch heute wieder denken.“ Aufgeregt sei er gewesen, ja. "Aber von dem hier werde ich noch meinen Enkeln erzählen.“

Es sind nur positive Worte, die an diesem Abend für Udo Lindenberg gefunden werden. Respektvolle Klopfer, Umarmungen, anerkennende Blicke. "Ich liebe dich. Alle lieben dich“, fasste es die Sängerin Inga Humpe zusammen. Doch der Hochgelobte selbst bleibt locker, ganz "lindimäßig“ halt, wie er sagt, der Atem zigarrengeschwängert.

Bei der Generalprobe am Donnerstag stürzte er auf die Schulter. "Totale Showeinlage, weißt du.“ Also keine Panik. Erst Recht nicht heute, an diesem Abend, der ihm gehört. Er genießt, lässt sich Zeit, bei seinem Gang durch den kleinen Festsaal des Hotel Atlantic, hin zu einem separaten Bereich in der Bar, wo neben Eddy Kante auch seine Partnerin Tine Acke Platz nimmt. "Ein schönes Ding“ sei das gewesen, mit all seinen Freunden. Stefan Raab etwa, der sich nicht auf der Aftershowparty zeigte, kenne er aus "Little Italy“ in New York. "Da waren wir zusammen und jetzt ist er ein guter Kumpel.“ Jetzt gehört er zum "Lindi-Clan“. Ein Ritterschlag ist das. Von einem, der sich auf Kampnagel soeben selbst ein Denkmal setzte.