Der 21-jährige britische Musiker spielte im restlos ausverkauften Grünspan mit Klavier und wummerndem Bass. Das Publikum war begeistert.

Hamburg. „Shhhhhhhh“, ein imperatives Raunen geht durch die Menge, als der allseits umjubelte Engländer James Blake die Bühne des restlos ausverkauften Grünspans betritt. Diese Aufforderung zum leise sein, zieht sich fast durch das gesamte Konzert, während des tief emotionalen Klaviers, wie auch während des wummernden Basses, denn das Publikum ist unentschieden: „Wollen wir über das Konzert sprechen, oder wollen wir es erleben?“ Es wird geredet. Seit Wochen wird geredet. Wie James Blake den Dub-Step revolutioniert, indem er ihm in Zeitlupe ein Songwriter Gewand verpasst, wie er von den Titeln der Zeitungen starrt, in seinen unscharfen Portraits, Neuerfinder, Wunderkind, James Blake, dieser Tage wird er 22 Jahre alt.

Das Konzert beginnt verhalten. Klavier, seine geisterhafte Gefühlsstimme, „Unluck“, der Opener seines selbstbetitelten Debütalbums. Das Reden dauert an, es dauert etwa eine halbe Stunde, bis der Engländer sein Publikum in seinen Bann gezogen hat, bis er dem endlosen Hype gerecht wird. Die Überführung vom einen Genre ins andere wird auch live vollzogen. Von langsam zu laut. Erst das Klavier, dann der technoide, lautstarke Bass. Es ist schwierig, die richtige Location für diese Musik zu finden. In den ersten 30 Minuten möchte man sitzen, in samtenen Sesseln, Wein trinken und in sich blicken. Die zweite Hälfte ist ein Tanz, drogenberauscht und mitreißend. Genau dieser Widerspruch macht James Blake so stark. Hipster, Künstler, Prollmädchen – alle sind sie da.

Zehn Strahler beleuchten den jungenhaften Musiker an seinem Klavier, wie ein Blumenstrauß aus Licht gebunden, der Blake in Szene setzt. Dann setzt der Bass ein, diese heilige, tiefe Musikgewalt in seinem Stück „Klavierwerke“ von der gleichnamigen EP, die schon im letzten Jahr erschien und wohl noch stärker als das Album ist. Ein ganzes Jahr über, hat Blake EPs herausgebracht, die jede für sich ein anderes Genre erfinden. Weniger von Soul und Gospel durchsetzt, als von ehrlichem, lebensverändernden Bass, der an Grundsätzen rüttelt. Auch in den darauf folgenden Hits „Limit To Your Love“ und „The Wilhelm Scream“ setzt sich der Bass fort. Das letzte Stück ist ein Cover eines Hits aus den 80ern – „Where To Turn“, von James Litherland, dem Vater von James Blake. Der Zuhörer erfährt eine brodelnde, akustische Irritation, die ganz stark fühlbar ist: In den Unterschenkeln, im Hinterkopf, in der Lunge. Das Blut tanzt. Es ist wahnsinnig laut, doch darüber beschwert sich natürlich niemand.