“Sie ist porentief rein und attraktiv, sie ist kreativ, dekorativ, sensitiv, sie lebt intensiv - für die Art, wie mich das ankotzt, gibt's kein Adjektiv“, sang Annett Louisan am Dienstag beim ersten ihrer beiden Konzertabende in der gut gefüllten Hamburger Laeiszhalle.

Hamburg. "Sie ist porentief rein und attraktiv, sie ist kreativ, dekorativ, sensitiv, sie lebt intensiv - für die Art, wie mich das ankotzt, gibt's kein Adjektiv", sang Annett Louisan am Dienstag beim ersten ihrer beiden Konzertabende in der gut gefüllten Hamburger Laeiszhalle.

Eigentlich widmet sie diesen Song ihrer naiven Rivalin "Eve", aber zumindest bis zum Stichwort "intensiv" beschrieb die kleine Sängerin auch sich selbst. Der Liebe wegen - ihr Freund Martin Gallop bestritt das Vorprogramm - zog sie von Hamburg nach Berlin, verlor einige Pfunde und ihre Blondierung. Es hat ihr gutgetan.

Ihre Aufregung beim Besuch in ihrer "alten Heimat" war ihr nur beim Einatmen anzuhören, da klang sie wie eine Zehnjährige bei der spannendsten Stelle eines Zeichentrickfilms. Aber sonst hat sie sich längst von der schüchternen Eilbekerin zur gestenreichen, kokett im kurzen Kleid mit den Hüften wackelnden Berliner Chanteuse gewandelt - körperbewusster und vier Alben sei Dank variabler in Gesang und Songauswahl als noch am Beginn ihrer Karriere 2004.

"Fettnäpfchenwetthüpfen", "Eve", "Das Gefühl" (a cappella), "Sexy Loverboy", "Teilzeithippie": Wie es von einer echten Entertainerin verlangt wird, beherrschte sie mit ihrer fünfköpfigen Band 100 Minuten lang alle Stile von Latino-Pop über Chanson und Beat bis Country. Dazu: Ein sehr lautes "Ich brauch Stoff". Bei "Rosenkrieg" bekam sie - ganz alte Divenschule - traditionell einen Strauß Gewächs aus dem Publikum, machte zu "Chancenlos" einen Besuch im Parkett und erntete ehrliches Mitleid für ihre Aussage, nur noch "zweimal statt fünfmal am Tag Sex zu haben". Mit 31 Jahren muss man Liebesdinge eben realistischer - sprich bescheidener - sehen als mit 16.

Nach einer gut 25-minütigen Pause (Tipp für durstige Laeiszhallen-Laien: Im Rang sind die Schlangen kürzer als im Foyer) inklusive Kleidwechsel, einem Ray-Manzarek-Gedächtnis-Solo des Keyboarders sowie "Auf dich hab ich gewartet", "Das alles wäre nie passiert", einem Duett mit Gallop und "Das Spiel" die Erkenntnis: Annett Louisan wurde in den vergangenen fünf Jahren immer besser, die Kartennachfrage geht allerdings zurzeit zurück, was vielleicht ihrem ziemlich exzessiven Tourkalender geschuldet ist. Egal. "Wenn du mich fragen willst, ob wir uns treffen können: Drück die 2". Hmm. 2.