Gegen Gewalt und Repression: Ralph Giordano kann nicht anders
Was Ausgrenzung, Verfolgung und Todesdrohung bedeuten, hat er in jungen Jahren am eigenen Leib erfahren. Hier in Hamburg. Ralph Giordano, geboren 1923 in Barmbek, wurde als Sohn einer jüdischen Mutter gemäß den nationalsozialistischen Wahnideen von seiner Schule, dem Johanneum, entfernt, später von der Gestapo verhört und gefoltert. Die Familie überlebte die letzten Kriegswochen in einem Alsterdorfer Kellerloch, das ihnen eine mutige Hamburgerin überlassen hatte.
Die prägenden Erlebnisse jener Zeit wurde Giordano nie mehr los; aufschreiben aber konnte er sie erst 1982 - in seinem Roman "Die Bertinis", der akkurat beschreibt, wie die NS-Ideen den Alltag der Menschen vergiften, wie sein Aktionsradius immer enger wird, wie die Angst nach den Herzen greift.
Ralph Giordano wurde später Fernsehjournalist, bereiste für den Nord- und den Westdeutschen Rundfunk viele Länder dieser Welt. Und begann schon im Rentenalter, eine große zweite Karriere als Buchautor, Publizist und Gewissen der Nation - durchdrungen von der Idee eines Humanismus, der von allen Demokraten wachsam und wehrhaft verteidigt werden muss.
Er benennt die fast flächendeckende Verdrängung des nationalsozialistischen Unrechts als "Die zweite Schuld" (1987), prangert undemokratische Traditionen in der Bundeswehr an ("Die Traditionslüge", 2000), prangert den aufflackernden Rechtsextremismus und die Fremdenfeindlichkeit an, die zu den Brandanschlägen von Hoyerswerda und Mölln führen, unterstützt die Idee der Sterbehilfe und ist immer zur Stelle, wenn es gilt, undemokratisches Gedankengut als solches zu bekämpfen. 2007 trat er öffentlich gegen den Bau der Großmoschee in Köln-Ehrenfeld ein und ist seither auch als Kritiker antidemokratischer und frauenfeindlicher Strukturen des Islam bekannt. In all diesen Jahren musste Giordano mit vielerlei Beschimpfungen und Bedrohungen leben, die seine Haltung aber nicht erschüttern konnten.
Mit seiner alten Heimat Hamburg ist der Wahl-Kölner durch viele langjährige Freundschaften und seit 1998 vor allem durch den Bertini-Preis verbunden, mit dem jedes Jahr am 27. Januar Hamburger Schüler ausgezeichnet werden, die sich aktiv gegen Ausgrenzung, Unrecht und Gewalt eingesetzt haben.