Der Trendtag untersuchte die Digitalisierung der Gesellschaft
"Die Funktion von Facebook ist, Freundschaften zu Geld zu machen." Der Autor und Medienwissenschaftler Douglas Rushkoff nimmt kein Blatt vor den Mund. Und passt deswegen gut zum Deutschen Trendtag. Der ist schon seit seiner Gründung 1994 Quelle für kontroverse Äußerungen und neue Ideen. Dass die Überlegungen dabei auch Widerspruch provozieren, ist gewollt. Denn Gäste und Redner sind eine alles andere als homogene Gruppe. Das Interesse an der Zukunft, an gesellschaftlichen Veränderungen und ihren Einflüssen auf das Denken und Handeln von Menschen und Unternehmen ist es, was Journalisten, Werber, Kaufleute und Wissenschaftler jedes Jahr zusammenbringt.
In diesem Jahr diskutieren die Teilnehmer unter dem Begriffs-Dach "Flow.Control." unterschiedliche Entwicklungen in der digitalisierten Gesellschaft. Im Saal schwirren Begriffe wie Digital Natives durch die Luft. Man fragt sich, ob es auch einen Übersetzungsdienst für den Smalltalk an den Stehtischen gibt. Dann könnte man mitreden, wüsste, dass die Anwesenden von der nach 1980 geborenen Generation sprechen. Aber was heißt denn nun Flow und was soll kontrolliert werden?
"Flow.Control." ist ein Arbeitsbegriff mit vielen unterschiedlichen Aspekten. Einer der wichtigsten ist die unüberschaubar groß gewordene Menge an digitalen Informationen. Denn jeder Nutzer ist schon heute einem Überangebot ausgesetzt, das betonen sowohl Rushkoff wie auch Medientheoretiker Norbert Bolz und Peter Wippermann, der Gründer des Trendbüros und Initiator des Trendtags.
Wer im Gewimmel von Nachrichten, Tweets, Status-Updates und Newslettern den Überblick verliert, dem drohen Überforderung und Kontrollverlust. Auf dieser Ebene kann man "Flow.Control." mit Wippermann als "gelebte Informationslogistik" definieren. Was ist für mich nicht nur informativ, sondern auch persönlich relevant? Nur wenn man sich beschränkt, verhindert man den digitalen Schiffbruch, das Kapitulieren vor der Masse aus Bits und Bytes.
Der Datenstrom verläuft aber in beide Richtungen. Also stellt sich auch die Frage nach der Preisgabe von Informationen. Auf wie viel Komfort durch neue Dienste und Programme bin ich bereit zu verzichten, welche Daten überlasse ich Unternehmen, damit sie mir bei der so dringend benötigten Orientierung helfen? Bolz sieht das unproblematisch, ruft die Aufhebung der Grenze zwischen Arbeit und Freizeit aus und macht effektiven Umgang mit Informationen zum Gradmesser des Erfolgs.
Rushkoff sieht das anders. Er vermisst den bewussten Umgang mit dem Internet. Vielen Menschen - gerade den jungen - sei überhaupt nicht mehr klar, dass sie mit Programmen umgingen, die zu einem bestimmten Zweck geschrieben wurden. Um die digitale Gesellschaft zu verstehen, empfiehlt er allen, programmieren zu lernen. Denn im Moment benähmen wir uns wie Menschen, die zwar lesen, aber nicht schreiben könnten.