Das einzigartige Schleswig-Holstein Musikfestival startete an diesem Sonntag. Bis zum 29. August gibt es 134 Konzerte an 74 Orten.

Lübeck. Mit einem Konzert des NDR Sinfonieorchesters ist am Sonntag in Lübeck das 25. Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) eröffnet worden. Christoph Eschenbach, der frühere Chef des Orchesters, dirigierte Werke zweier Geburtstagsjubilare, die dritte Sinfonie von Robert Schumann und die Vierte von Gustav Mahler. Schumann wurde vor 200 Jahren geboren, Mahler vor 150. Das Publikum feierte die Mitwirkenden, vor allem Christiane Oelze, die im Schlusssatz der Mahler-Sinfonie das Sopran-Solo sang. Die Eröffnung des großen Klassikfestes war wegen des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft auf den Vormittag verlegt worden. Intendant Rolf Beck zog vor Beginn des Konzertes Bilanz. 3,2 Millionen Besucher seien seit dem Gründungsjahr 1986 zu den Konzerten gekommen. 125.000 Musiker waren zu Gast in 82 Orten des Landes zwischen Nord- und Ostsee. Nicht nur bekannte Werke seien geboten worden, sagte Beck, sondern in 120 Uraufführungen auch zeitgenössische Klänge.

Am 2. Juli 1986 hob der legendäre amerikanische Dirigent Leonard Bernstein (1918-1990) in der Kieler Ostseehalle den Taktstock. Mehrere tausend Zuhörer verfolgten damals eine Aufführung von Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“. Das war der Beginn. In der Ostseehalle, inzwischen in Sparkassen-Arena umgetauft, wird am 15. August auch das 25-jährige Jubiläum gefeiert. Dabei ist dann Festivalgründer Justus Frantz. Zusammen mit seinem früheren Duopartner Christoph Eschenbach spielt er Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orchester KV 365.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) wurde bei seinem Grußwort auch mit Buhrufen bedacht. Hinter ihm entrollten Studenten ein Transparent: „Lübeck kämpft für seine Uni“. Hintergrund sind die erst vor kurzem zurückgezogenen Schließungspläne für die Medizinische Fakultät an der Universität Lübeck. „Ich hätte mir die Gelegenheit auch nicht entgehen lassen, aber wir haben die Probleme gelöst“, erwiderte Carstensen. Er wünschte dem Publikum unter dem Festivalmotto „Polen im Puls“ eine spannende Entdeckungsreise durch die polnische Musiklandschaft.

Intendanten kamen und gingen im Laufe der 25-jährigen SHMF-Geschichte. Geblieben ist, was Altbundespräsident Richard von Weizsäcker einen musikalischen Flächenbrand nannte. Das Musikfest geht nicht nur in die Städte. Weltklassemusiker kommen auch auf die Dörfer. 134 Termine stehen dieses Mal auf dem Programm, zwischen dem 11. Juli und dem 29. August. Gespielt wird an 74 Orten. 148.000 Eintrittskarten sind gedruckt. Intendant Rolf Beck rechnet damit, dass 90 Prozent der Karten verkauft werden. Ein Drittel der Kosten von 8,25 Millionen Euro wird selbst erwirtschaftet.

Justus Frantz, der das SHMF während der ersten neun Jahre leitete, hatte die Idee von Länderschwerpunkten. In diesem Jahr prägt der Nachbar Polen das musikalische Geschehen . Mit vielen Künstlern und einem Star, der schon lange tot ist, Frederic Chopin, an dessen 200. Geburtstag erinnert wird. Eingeladen wurde deshalb die junge Garde polnischer Pianisten. Auch wenn deren Namen bei uns noch unbekannt sind: Das Publikum vertraut dem Team um Rolf Beck.

Häufig wird beim SHMF die Grenze zwischen E und U, zwischen Ernster und Unterhaltungsmusik überschritten. Etwa, wenn der klassische Geiger Nigel Kennedy mit Jazzern aus Warschau auftritt. Bobby McFerrin, das singende Ein-Mann-Orchester, soll Hallen in Neumünster und Lübeck füllen. Polens Nationaloper „Halka“, bei uns kaum bekannt, ist im Kieler Schloss zu erleben. Gefeiert wird auch der 70. Geburtstag von Christoph Eschenbach, der sich seit Jahren um die Orchesterakademie auf Schloss Salzau kümmert.

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