Chöre wie am Millerntor, durch die Adern pumpender Pop und der verschwitzte Bosse, ein ebenso euphorisierender wie höflicher Gastgeber

Hamburg. "Das wird 'ne Riesenfete heute Abend", sagte Axel Bosse. Da war sein T-Shirt noch hellgrau. Sprich: trocken. Das Knust allerdings, das dampfte bereits, bevor auch nur ein Akkord erklungen war. Innerhalb von zwei Stunden war es ausverkauft gewesen, das Konzert des jungen Mannes, der sich als Künstler sowie seine Band nach seinem Nachnamen benannt hat.

Jener Bosse sagte aber zunächst - ein euphorisierender wie höflicher Gastgeber - seine Vorband an. Tonbandgerät, vier junge Hamburger, die an diesem Mittwoch so manchen neuen Fan gewonnen haben dürften. "Die sind ultranett", erklärte Bosse. Stimmt. Was aber noch wichtiger war: Mit ihren hoch poetischen wie federleichten Popsongs brachte das Quartett den Saal zum Schwingen.

Die Sehnsucht, der Aufbruch, das Gefühl - diese Themen trug Bosse weiter fort. Streicher und eine Stadtkulisse in nachtschwärmerischem Blau: In dieser Atmosphäre lief der 32-Jährige mit seinen vier Mitmusikern ein. Dann sang er "Dein Herz ist eine Metropole". Der Pop pumpte durch die Adern. Und das sollte zwei Stunden nicht mehr aufhören. Die Fans klatschten genau in den richtigen Momenten mit, intonierten jeden Vers aus voller Seele. Von "Liebe ist leise" über "Drei Millionen" bis zu "Frankfurt/Oder". Ob zarte Mädchen oder gestandene Kerle: Sie tanzten, sprangen und Bosse immer wieder mitten unter ihnen. Er verausgabte sich. Ein Kraftmusikpaket mit Haut und duschnassem, dunkelblondem Haar. Von Fuß bis Kopf, den er schüttelte. Er joggte auf der Stelle, hob die Faust, dirigierte, wischte sich die Stirn.

Sein T-Shirt verfärbte sich erst fleckig, lief dann dunkelgrau an, bis es schließlich fast schwarz mit Schweiß vollgesogen am Körper hing. "Der Sommer ist noch lang", versprach Bosse. Und ja, auch wenn viele Menschen im Publikum bestimmt keine Schulbank, sondern eher einen Bürostuhl drücken, war dieses Konzert doch der perfekte Sommerferienanfang. Schwüle Hitze. Verheißung. Nicht im "Wartesaal zum Glücklichsein" hocken, sondern den Augenblick feiern.

"Hört mal!", grönemeyerte Bosse, bevor er den Pubertätssong "Die Irritierten" brachte. Und stets aufs Neue wollte er "alle Hände sehen". Das funktionierte. "Es macht so Bock, wenn ihr tanzt", lobte der Sänger und Gitarrist, bevor er zu mehreren Zugaben anhob.

Ins Knust war Bosse mit seiner Band gekommen, "weil wir den Laden so lieben". Und hätte man nicht gewusst, dass das Stadion auf der anderen Seite der Feldstraße liegt, hätte man meinen können, man stünde direkt darin. Die Chöre so weit und laut. Die Arme immer wieder in der Luft.

Am Sonnabendnachmittag eröffnet die Band Bosse beim Hurricane-Festival in Scheeßel ihre Open-Air-Saison. Unter freiem Himmel sind T-Shirts auch gerne mal nass.