Er war beim ZDF der Quotenkönig. Jetzt aber bangt Thomas Gottschalk bei der ARD um sein Publikum. Zuschauer im Studio sollen von nun an die Stimmung heben. Ab Montag gibt es ein neues Konzept.
Berlin. Das hatte sich Thomas Gottschalk anders vorgestellt. Sein neues TV-Format steckt in der Krise. Kaum einer sieht sie sich an, aber viele reden darüber - so könnte man die ARD-Vorabendshow „Gottschalk Live“ beschreiben. Die Sendung startete am 23. Januar mit 4,34 Millionen Zuschauern. Mittlerweile kommt manche Ausgabe nicht mal über die Millionengrenze. Um aus dem Quotentief zu kommen, baut Entertainer Thomas Gottschalk (61) jetzt sein Studio um. „Es ist doch schöner, gebe ich zu, wenn man seinem Publikum ins Auge blickt“, sagte der beliebte Entertainer am Montagabend sichtlich erfreut. „Ich wollte demütig sein, hab gesagt, wegen einer halben Stunde lohnt es sich doch nicht, aber ihr seid da und das ist schön.“ Bereits seit Montag gibt es in dem Raum in Berlin-Mitte etwa 100 Zuschauerplätze – dort, wo bislang Redaktionsschreibtische standen. In den ersten Wochen war die Sendung vor der 20-Uhr-„Tagesschau“ ohne Live-Publikum ausgekommen. „Gottschalk Live“ läuft montags bis donnerstags um 19.20 Uhr.
+++Markus Lanz schließt Scheitern bei „Wetten, dass..?" nicht aus+++
+++Frist bis April: ARD setzt Gottschalk unter Druck+++
Die Premiere mit Publikum sahen 1,41 Millionen TV-Zuschauer (5,2 Prozent Marktanteil). Zum Vergleich: ZDF, RTL und Sat.1 hatten zeitgleich alle jeweils mindestens doppelt so viele Zuschauer, auch ProSieben und Vox zogen mehr als Gottschalk bei der ARD. „Es hat ja nun eine Menge Diskussionen gegeben. Viele haben sich Gedanken gemacht: Was wird aus dieser Sendung?“, begann Gottschalk. Die Lage sei jetzt wie folgt: „Wir gehen nicht, aber wir bauen um. Sie werden also heute nicht zum Zeugen einer Zwangsräumung. Ich ziehe auch nicht ins Frühstücksfernsehen um, sondern vor ihren Augen wechselt sozusagen die Karawane die Richtung und macht sich auf den Weg aus der „Todeszone“ in Richtung blühende Landschaften.“ Eine Woche sei die Show jetzt „Baustelle“ – das neue Mobiliar komme noch.
„Ein neues Studio, ein neues Konzept“ soll es ab kommenden Montag geben. „Aber keinen neuen Moderator. Soweit wollten wir nicht gehen“, scherzte Gottschalk selbstironisch. Die Frage sei jetzt, ob „ein Titan den Quotentod stirbt“ oder ob neues Leben aus Ruinen entstehe.
Die ARD und die Produktionsfirma Grundy Light Entertainment haben regelmäßige Rubriken und eine klarere Struktur angekündigt. Seit Anfang März agiert Markus Peichl (53) als Redaktionsleiter. Der erfahrene Medienberater und Journalist („Tempo“) will die Show retten („Bis zur Sommerpause sitzt das Konzept. Ab Herbst wird sich das auf die Quoten auswirken“, sagte er „Spiegel Online“).
Nach seinem Ausstieg bei „Wetten, dass..?“ im vergangenen Jahr hat sich Gottschalk für den schwierigen ARD-Vorabend entschieden und eben nicht dafür, beim ZDF zu bleiben und dort einige Galas und größere Shows zu präsentieren. Dem Magazin „GQ“ (Januar) sagte er offen: „Die Stunde vor acht gilt ja als Todeszone, in die sich ohnehin keiner traut. Da stehe ich jetzt als Desperado. Einer gegen alle!“
Als „Wohlfühl-Halbe-Stunde vor der „Tagesschau„“ hat Gottschalk seine Show charakterisiert: „Die Sendung ist nach hinten gezogenes Frühstücksfernsehen und eine vorgezogene Late-Night.“ Und so ist es wohl: Vielen scheint sie deplatziert. Gottschalks „Wetten, dass..?“-Nachfolger Markus Lanz diagnostizierte in der „Bild am Sonntag“ vom Wochenende: „...es ist einfach so, dass Uhrzeit und Format nicht zusammenpassen.“
Eine kleine Vorabendsendung mit Deutschlands größtem TV-Unterhalter (zumindest nach früheren Quoten) – das war als Programmrevolution geplant. Wunschtraum der Verantwortlichen war wohl, dass Gottschalk ein Quotenwunder vollbringt. Und dass der Showmaster auf dem ungewohnten Platz es allen Kritikern zeigt.
Doch Kritiker, die schon immer wussten, Gottschalk könne keine guten Interviews führen und sei oft schlecht vorbereitet, fühlen sich bestätigt. Patzer in der Show gab es bereits einige: von falschen Jahreszahlen bis zu verkehrten Namen (zum Beispiel „Annette“ Engelke statt „Anke“) – Gespräche zum Fremdschämen, bei denen er nicht richtig zuhörte oder Gästen ins Wort fiel. Doch Gottschalk wäre nicht Gottschalk, wenn er nicht Humor bewiese: als „Best of“ seiner bisherigen Sendungen präsentierte er am Montag einen satirischen Beitrag des NDR-Magazins „Extra 3“ (15.2.), das unter dem Motto „Moderieren für Profis“ Pannen aus den ersten Wochen präsentierte.
Mit Material von dpa