Er ist das Pop-Phänomen der Stunde: Mehr als 81 Millionen Mal wurde Gotyes Video auf YouTube angeklickt, sein Hamburg-Konzert ist ausverkauft.

Hamburg. Der angemalte Lockenkopf, der von einer verflossenen Liebschaft singt, wird immer noch wie blöd angeklickt. Mehr als 81 Millionen Mal haben sich Menschen Gotyes Video zu seiner Single „Somebody That I Used To Know“ allein auf YouTube angeschaut.

Und auch, wenn man sich dagegen sträubt: Um dem Rummel einigermaßen gerecht zu werden, der seit einem guten halben Jahr um Wouter De Backers künstlerisches Alter ego tobt, muss man sie bemühen, die ganz großen Wörter. Denn das, was seit dem Erscheinen des Videos von „Somebody That I Used To Know“ passiert, ist nichts weniger als ein Phänomen.

Bis 2011 war Gotye außerhalb seiner Heimat allenfalls einigen Eingeweihten ein Begriff. Beim Reeperbahn Festival 2008, seinem ersten Hamburg-Auftritt, lief er noch in der Kategorie „Interessant, aber unbekannt“. Die drei Alben, die er vor „Making Mirrors“ herausgebracht hatte, waren in Australien erfolgreich, international hingegen ging sein Erfolg nicht über einige lobende Erwähnungen hinaus. Dann kam „Somebody That I Used To Know“. Und Gotye wurde zum Star. Der belgischstämmige Australier mit dem einprägsamen Künstlernamen – der sich übrigens Gootjee ausspricht – profitiert immens vom sozialen Schneeballeffekt des Teilens und Weiterleitens bei Facebook und anderen Netzwerken.

Und von Gotye wiederum profitieren andere: Die Web-Comedians Y-Titty haben eine deutsche Variante des Songs geschrieben, die bereits mehr als 4,5 Millionen Clicks verzeichnet, daneben gibt es noch fast 2000 andere Varianten des Songs.

Gewinner in diesem Reigen des Neu- und Uminterpretierens ist definitiv Walk Off The Earth. Von der kanadischen Band hatte man vor ihrer Version des Hits allenfalls durch Zufall gehört. Doch die zu fünft auf einer Gitarre gespielte Variante verbreitete sich mit ähnlich rasender Geschwindigkeit wie das Original. Und löste ihrerseits eine Welle von Coverversionen der Coverversionen aus. Olli Schulz griff zusammen mit Joko und Klaas in die Seiten, die frisch mit dem Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis für Verdienste um das Niederdeutsche ausgezeichneten Plattdeutsch-Hip-Hopper De Fofftig Penns ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, eine eingeplattete Variante beizusteuern.

Abseits des Internets ist es – zumindest im Moment – vor allem Gotye selbst, der vom Hype um seine Person profitiert. Album und Single verkaufen sich wie Regenschirme zur Monsunzeit, seine Tournee ist nahezu vollständig ausverkauft. Hamburg (am Freitag im Uebel & Gefährlich), Köln, München – alle Karten sind lange weg. Wer den Australier in näherer Zukunft live sehen will, hat einen längeren Anfahrtsweg vor sich: Für drei Termine in den USA gibt es noch Tickets. Da bleibt man doch lieber im Internet und schaut sich „Somebody That I Used To Know“ noch einmal an.