Hamburg. Hinreißende Schauspieler, ein leicht bemühtes Stück und eine recht gute Inszenierung, so ließe sich das Gastspiel "Öl" beschreiben, mit dem das Deutsche Theater aus Berlin zu den Lessingtagen ins Thalia kam. Die Zuschauer, die trotz halbmeterhohen Matsches am Dienstag ins ausverkaufte Theater gefunden hatten, applaudierten begeistert dem glänzenden Ensemble, vor allem aber Susanne Wolff, die nach elf Jahren am Thalia mit Intendant Ulrich Khuon nach Berlin gewechselt war. Ebenso wie Regisseur Stephan Kimmig, der hier etwa "Nora" oder "Maria Stuart" inszeniert hatte.
Nun also "Öl" ein Auftragswerk an den Schweizer Autor Lukas Bärfuss, in dem dieser die Suche zweier Männer nach Öl in einem fiktiven, südosteuropäischen Land mit den Themen Kolonialismus, Umweltzerstörung und Schuld sowie der Einsamkeit und Frustration der zurückgebliebenen, fremdelnden Ehefrau verbindet.
Es ist ein Stück, das die Feindseligkeit des Abenteurertums, wie sie Joseph Conrad in "Das Herz der Finsternis" beschrieben hat, mit dem schlechten Gewissen moderner Gutmenschen zusammenbringt. Eva (Nina Hoss) haust seit drei Jahren in einem Zimmer zwischen Zeitungen und Decken und wartet auf ihren Mann Herbert (Felix Goeser), der in den Wäldern mit seinem Ingenieur Edgar (Ingo Hülsmann) nach Öl sucht. Eva trinkt viel, geht nie raus, weil sie sich fürchtet und ekelt, und schikaniert die Haushälterin (Margit Bendokat), der sie die hundert meistgebrauchten deutschen Wörter in einer absurden Reihenfolge beizubringen versucht. Zwischen Eva, Herbert und Edgar besteht eine komplizierte Hassliebe, die sich aus Frust, Wut, Missverständnissen, Verzweiflung und Gewaltfantasien speist. Nur Eva kann eine Erscheinung sehen (Susanne Wolff), die sie daran erinnert, umzukehren.
Nina Hoss' schöner, zerstörter Frau zuzuschauen, ist ein großes Vergnügen. Goeser gibt den wilden Stier, Hülsmann den stillen Lüstling. Beide sind keine Alternative für Eva. Sie knallt sie ab.