Hamburg. Jung ist sie. Auf sich aufmerksam gemacht hat sie: in Extremfiguren auf der Bühne wie im Film. Fehlanzeige nur beim dritten Kriterium für den Ulrich-Wildgruber-Preis: Katharina Schüttler steht nicht "am Anfang ihrer Karriere", sondern mittendrin. Dennoch freut sich die 30-Jährige riesig, wie sie sagt. Beim Neujahrsempfang des St.-Pauli-Theaters am Sonntag erhält sie die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung der Nordmetall-Stiftung.

Die Wende in ihrer Laufbahn war Ibsens "Hedda Gabler" an der Berliner Schaubühne. "Ein absolutes Geschenk", sagt Katharina Schüttler. "Ich bin Thomas Ostermeier sehr dankbar, dass er mir diese tolle Rolle zugetraut hat." Damals war sie 25. Vier Jahre jünger als die Generalstochter im Stück. Die hübsche, zierliche Schauspielerin mit der hohen Stimme und der durchscheinenden Haut war wegen ihres jungen Aussehens auf Kinder- und Mädchen-Figuren abonniert. Kurz davor spielte sie in Sarah Kanes "Zerbombt" die 14-jährige Kate.

Eine Woche lang habe sie überlegt, sagt sie. Eigentlich nicht ihre Art. Sie weiß genau, was sie will. "Aber damals hatte ich Angst, zu jung für die schwierige Rolle zu sein. Doch meine Eltern sagten: Aus Angst etwas nicht zu machen ist der schlechteste Grund." Wer wagt, der gewinnt: Die "Hedda-Feuerprobe" lohnte sich doppelt: Schüttler erhielt den "Faust"-Preis 2006 für die beste darstellerische Leistung. Und die Kritiker von "Theater heute" wählten sie zur "Schauspielerin des Jahres".

Übrigens nicht ihre erste Auszeichnung. Die in Berlin lebende Tochter eines Regisseurs und Intendanten stand bereits mit elf Jahren vor der Kamera im Abenteuer-Film "Die Lok". Sie spielte noch vor dem Abitur mehrere Hauptrollen und erhielt dann für "Sophiiiie!" 2002 den Förderpreis Deutscher Film als beste Nachwuchs-Schauspielerin.

Kamera und Bühne erfordern grundverschiedenes Arbeiten. Deshalb wollte sie trotz frühen Erfolgs zur Schauspielschule. "Ich wollte immer zum Theater, und ohne eine klassische Ausbildung schafft man es nur selten auf die Bühne. Ich habe das nicht bereut." Denn beides machen zu können reizt die Schauspielerin: "Von dem einen kann man ins andere vieles mitnehmen - und umgekehrt." Dass ihr wenig Durchschnittsrollen angeboten wurden, empfindet sie als Herausforderung und als Glück: "Ich kann ja nicht rumgehen und mir die Projekte aussuchen. Sie müssen erst in anderen Köpfen entstehen und werden dann an mich herangetragen." Es waren Figuren, die entweder extrem handeln oder sich in existenziellen Situationen befinden - wie die schwangere Sophie. "Je schwieriger, je abgründiger die Figuren sind, desto mehr bin ich gefordert, kann weiter gehen und selbst ein Stück daran wachsen."

Sie hat gerade einen Film mit Thorsten C. Fischer in ihrer Heimatstadt Köln beendet. In "Schurkenstück" spielt Schüttler eine junge Regisseurin und inszeniert mit den Insassen einer Jugendhaftanstalt "Der Besuch der alten Dame" von Dürrenmatt. "Allein unter so vielen Jungs war schon speziell, aber es hat auch großen Spaß gemacht", meint sie. "Doch Theaterregie ist nicht mein Ding. Ich habe aber enormen Respekt davor. Man trägt die Verantwortung für den ganzen Abend, muss ihn aber letztlich abgeben. Da spiele ich lieber."

Hat sie Theaterpläne? "Ich will mindestens ein Stück pro Spielzeit machen, doch jetzt pausiere ich mal, weil ich etwas zu viel gearbeitet habe. Man kann nicht nur machen und geben. Ich muss auch zu mir kommen können, damit wieder etwas von mir kommen kann."

Wie wär's mit einem Hamburger Auftritt? Durch Luk Perceval, in dessen Schaubühnen-Inszenierungen sie spielte, hat sie Kontakt zum Thalia-Theater. "Es müsste die richtige Rolle im richtigen Stück zum richtigen Zeitpunkt sein." Im Prinzip, sagt Katharina Schüttler, sei sie da hoffnungsfroh. "Denn ich kann mir ohnehin sehr viel vorstellen."