Bei der “Sherlock Holmes“-Premiere zeigte sich: Der Film setzt auf Effekte wie Bond. Holmes kann Kampfkunst, Watson urlaubt in der Karibik.

Berlin. Der berühmte Deerstalker-Hut fehlt, und auch der Satz "Elementar, mein lieber Watson" taucht nicht auf.

Doch Sir Arthur Conan Doyle wäre sicher ganz zufrieden mit der Bearbeitung seiner Detektivfigur gewesen, hätte er am Dienstag Guy Ritchies Verfilmung von "Sherlock Holmes" in den bequemen Sesseln des CineStar am Potsdamer Platz erlebt. Vier Wochen vor der Berlinale feierte die Hauptstadt ihre erste große Kinopremiere. Außer Ritchie waren die Schauspieler Robert Downey jr., Mark Strong und Rachel McAdams mit Produzent Joel Silver an die Spree gekommen.

Doch überstrahlt wurden die leibhaftigen Künstler von der Figur, um die sich der Film dreht: Sherlock Holmes, der Meisterdetektiv, ist geradezu eine Pop-Ikone, die fiktionalen Geschichten um ihn und seinen Freund Watson gehören zu den meistgelesenen der englischen Literatur.

Guy Ritchie und Drehbuchautor Michael Robert Johnson haben aus dem Detektiv mit dem Superhirn einen echten Actionhelden gemacht. Robert Downey jr. spielt ihn als vielschichtigen Charakter. Sein Sherlock Holmes (Bundesstart: 28. Januar) beherrscht asiatische Kampfkunst, er weiß mit einem Schwert umzugehen, und als Boxer kann er genauso viel einstecken wie austeilen. Guy Ritchie, der mit seinen kurz geschorenen Haaren aussieht wie einer der Kleinganoven aus seiner Krimitrilogie, bezeichnet diesen Action-Holmes als sehr authentisch: "Sherlock Holmes hat regelmäßig geboxt und kannte sich mit Martial Arts aus. Wir haben diese Seite nur etwas mehr betont."

Obwohl die Geschichte Ende des 19. Jahrhunderts in London spielt, ist Sherlock Holmes eine sehr moderne Figur, der Film hat atemberaubende Actionszenen, die ihn für den internationalen Markt attraktiv machen. Um der Story noch mehr Wucht zu geben, wurde mit Lord Blackwood (Mark Strong) ein Bösewicht kreiert, den es bei Conan Doyle nicht gibt und der nach der Weltherrschaft strebt. Dem darf natürlich kein betulicher Detektiv entgegengestellt werden, sondern ein multinationaler Superheld, der die Welt ebenso retten kann wie Batman, James Bond oder Jack Bauer in "24" - ein neuer Sherlock Holmes für eine neue Generation.

Jeder aus der Filmcrew, die vor der Premiere im Hotel Adlon Rede und Antwort stand, ist mit Conan Doyles Figuren von klein auf vertraut und hat sich bemüht, den Geist des britischen Autors und seiner Figuren zu bewahren. "Ich habe als Sechsjähriger Kassetten mit den Geschichten gehört", sagt Guy Ritchie. Auch Robert Downey jr. hat die Detektivgeschichten in der Schule gelesen. "Holmes ist ein smarter Typ", sagt er, "so jemanden kann ich gut spielen."

Nur auf die Nachfrage, ob Holmes und Watson nicht ein sehr homoerotisches Verhältnis haben, mag keiner auf dem Podium eingehen. "Dieses ist die heterosexuelle Version von Sherlock Holmes", beendete Ritchie die Diskussion.

Eigentlich hätte auch Jude Law mit nach Berlin kommen sollen. Sein Filmpartner Robert Downey jr. entschuldigte den Kollegen mit einem süffisanten Lächeln: "Jude ist auf einem total anstrengenden Promo-Trip. Er besucht jeden Tag eine andere Karibikinsel."