Hamburg. Noch vor ein paar Jahren hätte sich das Stück vermutlich versendet: Am 16. November zeichnet Bundespräsident Horst Köhler ehemalige DDR-Bürgerrechtler aus. Vor Ort ist auch ein Kamerateam der "Abendschau" des RBB, die außerhalb Berlins kaum wahrgenommen wird. Die Feierstunde wird musikalisch vom Liedermacher Stefan Krawczyk untermalt.

Am Ende soll er die Nationalhymne spielen. Statt der dritten Strophe ("Einigkeit und Recht und Freiheit") stimmt Krawczyk aber die erste an ("Deutschland, Deutschland über alles"), die seit dem Missbrauch des Deutschlandlieds in der Nazizeit nicht mehr gesungen wird. Der Liedermacher bemerkt seinen Fauxpas und bricht ab.

In der "Abendschau" ist später zu sehen und zu hören, dass nicht nur Krawczyk, sondern auch Köhler die erste Strophe des Deutschlandslieds sang. Das wird überregional zunächst nicht zur Kenntnis genommen. Zeitungen und Online-Dienste berichteten nur über den Fehltritt des Liedermachers. Inzwischen steht der "Abendschau"-Film aber unter "Köhler und die Hymne" beim Internet-Dienst YouTube. Das NDR-Satiremagazin "extra drei" spießte den Fall auf.

Doch Bundespräsidialamtssprecher Martin Kothé kann das nicht beeindrucken: "Der Bundespräsident hat nicht in den Gesang von Stefan Krawczyk eingestimmt", sagt er. Laut einem Sprecher des RBB ist das von der "Abendschau" gedrehte Material aber authentisch: "Wir haben da nichts manipuliert." So bleibt die Frage, ob Köhler die Nationalhymne fehlerfrei beherrscht, einstweilen ungeklärt.