Eric Clapton: Konzert in der Color-Line-Arena. Clapton wurde von drei Ausnahme-Gitarristen begleitet. Die Fans, im Alter 50 plus, lebten mit jedem Song und erlebten Musikgenuß pur.
Hamburg. Die Frage, ob Eric Clapton der beste Gitarrist der Welt ist - sofern man so etwas überhaupt messen kann - beantwortet man am besten mit seinem Geburtsjahrgang. Für alle, die sich in den besten Jahren befinden, also 50 plus, war und ist Clapton der Gitarrengott. Keiner kann so innig wie er die Saiten anschlagen, keiner kann seinen zahllosen Instrumenten so viel Drive entlocken und keiner kann so schön und glaubhaft vom Auf und Ab des Lebens singen, von der Liebe, die oft zur falschen Zeit kommt und die meist nicht so einfach ist, wie man sie gerne hätte. Dann kommt der Blues. Und den kennt Clapton besser als jeder andere.
Wer am Dienstag abend in die Color-Line-Arena zum Abschluß des Deutschland-Teils von Eric Claptons Welttournee "Back Home" kam, der hat wahrscheinlich den größten Teil seines Lebens mit der Musik von Clapton verbracht. 80 Prozent der Besucher waren im 50-plus-Alter, also Männer mit schütterem Haar und Bart, Frauen mit Rundungen. Nichts davon beim 61jährigen Clapton, der dynamisch, frisch und absolut unprätentiös wirkt.
40 Jahre Clapton haben seine Fans im Ohr, haben ihn von den "Yardbirds" zu "Cream" über "Derek and the Dominos" zu "Clapton unplugged" begleitet. Sie wissen von seiner ehemaligen Heroinabhängigkeit, vom Unfalltod seines kleinen Sohnes, von seinen unglücklichen Lieben (insbesondere zu Pattie Boyd, für die er "Layla" und "Wonderful Tonight" geschrieben hat) und von seinem späten Glück mit drei kleinen Töchtern. Und sie wissen auch, daß Clapton aus den persönlichen Tiefschlägen seines Lebens seine musikalischen Höhepunkte geholt hat.
Die eigenen Abstürze waren hoffentlich nicht so tief, aber geholfen über die Lebensphasen, die schwierig waren, hat Claptons Musik immer. Hat nicht jeder, der hier zuhört, als Junge davon geträumt, wie Clapton zu sein? Hat nicht jedes Mädchen einen Freund wie Clapton haben wollen, der so traurig schöne Lieder nur für sie spielt? So kommen die Konzertbesucher irgendwie auch bei sich zu Hause an.
Das Konzert, das Clapton im kurzärmligen blauen Hemd und mit weiten Flickenjeans spielte, war großartig. Kein Schnickschnack, keine Showeinlagen, keine Mitmach-Conferance. Nur Musik pur. Perfekt und mitreißend dargeboten, voller Improvisationslust. Außer einem fünfmaligen "Dankeschön" und den Namen seiner Bandmitglieder hat Clapton nichts gesagt. Aber zwei Stunden gespielt wie der Teufel. Zur Eröffnung "Pretending" von 1989 und dann gleich weiter mit dem treibenden Allzeit-Kracher "I Shot The Sheriff". "Old Love", gemeinsam mit Robert Cray, der ein grandioses Vorprogramm bot, erzählt von der Liebe, die endlich Ruhe geben soll. Bald geht's in den akustischen Schmuseteil mit "I am Yours" und Stücken aus dem neuesten Album "Back Home".
Clapton läßt sich ständig neue Instrumente aus seinem unerschöpflichen Gitarrenarsenal bringen. Läuft mit "After Midnight", "Wonderful Tonight", "Layla" und dem übergangslos anschließenden "Cocaine" zu Höhepunkten aus Klangschauern auf.
Atemberaubend in der elfköpfigen Begleitband ist der Gitarrist Derek Trucks, der mit Bottleneck und ohne Plektron traumwandlerische Slide-Läufe liefert wie man sie bisher nur von Clapton selbst kannte. Der Gitarrengott hat in dem 27jährigen, der schon mehr als 1000 Konzerte gegeben hat, einen legitimen Nachfolger für die junge Generation. Robert Cray und Doyle Bramhall, selbst Ausnahmegitarristen der rockigeren Sorte, konnten neben Trucks ebenfalls punkten.
Als Zugabe gab es "Crossroads" - auch zum Trost für alle, die 2005 das erste "Cream"-Konzert nach 37 Jahren in der Londoner Royal Albert Hall nicht besuchen konnten, weil die Karten nach 40 Minuten ausverkauft waren. Hier klang's bestimmt genauso schön.