Am 8. Oktober wurde Sigourney Weaver 60 Jahre alt, doch Angst vorm Älterwerden hat sie nicht – hofft sie doch, mit 80 “Miss Marple“ zu spielen.

Sie war Alien-Dresseurin, Gorillaflüstererin und spanische Königin. Doch nun kommt auch Sigourney Weaver, die Frau für schwierige Fälle, ins Rentenalter. Am 8. Oktober wird die amerikanische Schauspielerin 60 Jahre alt und ist hoffentlich kein bisschen weise. Hätte sie auf Eltern und Lehrer gehört, so wäre die Welt um eine Schauspielerin, die Kritiker oft als die wichtigste Frauenfigur des neueren US-Kinos bezeichnen, ärmer.

Ob sich die beiden Schauspiellehrer, die ihrer Absolventin Sigourney Weaver weder Talent und Zukunft bescheinigten, je bei ihr entschuldigt haben, ist nicht dokumentiert. Tatsache bleibt aber, dass die ohnehin schüchterne Miss Weaver nach ihrem Schauspielstudium in Yale, wo stets ihre Mitschülerin Meryl Streep die Lorbeeren erntete, die Kunst entmutigt an den Nagel hängen wollte. Nur weil Freunde ihr Rollen anboten, machte sie weiter. Und vielleicht war die Zeit auch einfach reif für eine Schauspielerin, die Monstern die Zähne zeigte, statt kreischend davonzulaufen.

So wurde sie, nach einem mühsamen Berufsstart an Off-Broadway-Bühnen, in Werbefilmen und einer Sechs-Sekunden-Rolle in Woody Allens "Stadtneurotiker“, mit knapp 30 Jahren vom unbekannten Regisseur Ridley Scott für den denkwürdigen Sci-Fi-Horrorfilm "Alien“ engagiert. Und zum ersten Mal erwies sich ihre 1,83-Meter-Statur von Vorteil. Die Domina-Ausstrahlung der herben Brünetten, die im verschwitzten Unterhemd gegen schleimige Monster kämpfte, ließ besonders nach dem zweiten, actionbetonteren Alien-Film "Rambo“ wie einen Chorknaben aussehen. Alien-Jägerin Lieutenant Ellen Ripley, das Gegenteil des, so Weaver, "Produzententraums von der kleinen, blauäugigen Blondine“, wurde zur feministischen Ikone. Und Sigourney Weaver bekam als erster weiblicher Actionstar Spitzengagen bis zu zwölf Millionen Dollar. Neben vier Alien-Filmen war Hollywoods starke Frau etwa in "Gorillas im Nebel“ als Primatenforscherin Diane Fossey zu sehen, widerstand im Thriller "Copykill“ einem Serienkiller und fühlte Gérard Depardieu im Columbus-Film "1492“ als spanische Königin auf den Zahn.

1988 wurde sie in "Die Waffen der Frauen“ als fiese Chefin nicht nur vom Blondchen Melanie Griffith ausgetrickst. Für die Nebenrolle in diesem Film ebenso nominiert wie für die Hauptrolle in "Gorillas im Nebel“, verfehlte sie gleich zweimal den Oscar. Mit Ang Lees Sittendrama "Eissturm“ trat sie 1997 mit bald 50 Jahren erneut als "Sexsymbol des denkenden Mannes“ in Erscheinung, und im Autisten-Drama "Snow Cake“ verkörperte sie 2005 eine ihrer brillantesten Rollen. Dabei würde auch sie lieber öfter mal ein Püppchen spielen wie in der Star-Trek-Parodie "Galaxy Quest“, in der sie als platinblonde, unterbelichtete Sci-Fi-Seriendarstellerin auftritt.

Die Schauspielerin, die bereits mit 14 Jahren ihren Namen "Susie“, der ihr zu barbiehaft klang, in das aus dem Roman "Der große Gatsby“ entlehnte "Sigourney“ abänderte, lebt mit Theaterregisseur Jim Simpson und der gemeinsamen Tochter in New York. Mit ihren Gagen finanziert sie das "Tribeca Flea Theatre“ und engagiert sich für Menschenrechtsorganisationen. Angst vorm Älterwerden hat sie nicht – hofft sie doch, mit 80 "Miss Marple“ zu spielen. Erst einmal aber wird sie ab Dezember in James Camerons 3-D-Spektakel "Avatar“ zu sehen sein, das bereits als Meilenstein der Filmgeschichte gehandelt wird: Es gibt noch viel zu tun für die Alienversteherin.