Am 17. September erscheint Ian Halperins Biographie unter dem Titel „Unmasked - Die letzten Jahre des Michael Jackson“ in Deutschland.

New York. Schenkte man dem Kanadier Ian Halperin Glauben, dann hätte Michael Jackson sich selbst auf dem Gewissen. Dann gebe es keine Ermittlungen zu einem Tötungsdelikt und Jacksons Arzt, Dr. Conrad Murray, müsste heute nicht um seine Zukunft bangen.

Halperins Triumph ist, dass er die erste Biografie über den „King of Pop“ nach dessen Tod am 25. Juni veröffentlichen konnte. Am 17. September erscheint sie in Deutschland unter dem Titel „Unmasked - Die letzten Jahre des Michael Jackson“. Halperins Pech: Seine These von dem, was den „Thriller“-Star umbrachte, ist durch die Ermittlungen der Gerichtsmediziner inzwischen überholt.

Genau genommen ist das Buch, das den Sänger winkend in reinweißer Weste und spiegelnden Brillengläsern auf dem Einband zeigt, auch gar keine Biografie. Vielmehr geht der Autor der Frage nach, ob Jackson sich nicht doch an Kindern verging, ob er schwul war oder, wie auch aus dem Kreis seiner Vertrauten verlautete, möglicherweise asexuell.

Überzeugt davon, dass der Popstar den Freispruch vom Verdacht des Kindesmissbrauchs im Juni 2005 nur seinen gewieften Anwälten verdankte, beschloss der Journalist Halperin damals, ihn durch eigene Nachforschungen zu überführen. Letztendlich kommt er dann aber zu einem ganz anderen Ergebnis.

Auf der Suche nach Beweisen greift er 15 Jahre zurück und spricht mit denen, die Jackson einst auf seine Neverland Ranch einlud, unter ihnen auch der frühere Kinderstar Macaulay Culkin („Kevin allein zuhause“).

Unter falschen Vorgaben verschafft Halperin sich Zugang zu engen Freunden von Jackson wie Liza Minnelli. Er zitiert Jacksons erste Frau, Liza Marie Presley, und dessen langjährige Vertraute, Elizabeth Taylor, aus Fernsehinterviews. Das Gros seiner Aussagen bezieht der Autor aber aus anonymen „Quellen“. Er habe Jacksons Personal „infiltriert“ und Mitarbeiter als Spitzel für sich gewinnen können, schreibt der Autor. Das mag der Leser glauben oder auch nicht.

Ebenso stolz wie auf die gelungene Infiltration ist Halperin auf seine Prognose vom Dezember 2008, Jackson habe nur noch ein halbes Jahr zu leben. Dass sie dann tatsächlich eintritt, veranlasst ihn, sich selbst einmal mehr auf die Schulter zu klopfen. Dabei stützte der Autor seine Prognose, wie er zugibt, auf ein einziges zufällig aufgeschnapptes Wort: Alpha. Er schaut im Internet nach, findet eine Erbkrankheit mit entsprechendem Namen und gibt seine Erkenntnis ohne Nachweis als Fakt aus.

Dass der Popstar, wie vorhergesagt, im Juni dieses Jahres stirbt, begründet Halperin dann aber doch primär mit dessen Angst vor dem geplanten Comeback. Am 21. Juni, also vier Tage vor dem Tod, habe Jackson einem seiner Mitarbeiter (und Halperins „Top-Spitzel“) gebeichtet, dass er nur noch sterben wolle. Er habe keine Stimme mehr und schaffe auch die Tanzbewegungen nicht mehr. „Ich bin am Ende“, habe Jackson voller Verzweiflung über die bevorstehenden 50 Auftritte gejammert. Er sehe keinen anderen Ausweg als den Tod. Halperins Schlussfolgerung: Der Popstar beging Selbstmord mit Medikamenten-Überdosen.

Weitere Erkenntnisse, die der Autor in „Unmasked“ bietet: Jackson hat keinen Jungen in seiner Gesellschaft je missbraucht. Vielmehr wurde er allein wegen seines Geldes in Misskredit gebracht. Dass er sich einmal von dem – falschen – Vorwurf des Kindesmissbrauchs frei kaufte, geschah auf Druck seiner Versicherung. Jackson hatte nie Sex mit seiner zweiten Ehefrau Debbie Rowe und gab ihr sechs Millionen Dollar für sein erstes Kind, den Sohn Prince Michael. Auch Tochter Paris und der Jüngste, genannt Blanket, seien nicht seine leiblichen Kinder.

Dass „Unmasked“ kurz nach Jacksons Tod erscheinen konnte, lag daran, dass Halperin seine Recherchen zum Pädophilie-Vorwurf gerade abgeschlossen hatte. Allerdings bietet er Jackson-Fans nur wenig Neues. Und wer nicht zu den eingeschworenen Anhängern gehört, könnte es schwer haben, sich durch die manchmal lachhaften Behauptungen, häufigen Wiederholungen und peinlichen Selbstbeweihräucherungen des Autoren durchzubeißen.

Der Titel eroberte im August vorübergehend die Bestsellerlisten der „New York Times“ und der „Los Angeles Times“, wurde aber von beiden Zeitungen nicht besprochen.

Ian Halperin: Unmasked Die letzten Jahre des Michael Jackson, Hoffmann und Campe, Hamburg, 320 Seiten, Euro 17,99, ISBN 978-3-455-50142-1