Liebe Moni ,

die Nachricht von Deinem Tod hat mich heute in Berlin auf der Probe zu einem Mörderinnenstück erreicht, das Du selbst gerne einmal gespielt hättest: "Arsen und Spitzenhäubchen". Und wir haben sofort aufgehört, weiter darüber nachzudenken, wie man am elegantesten alte Männer ins Jenseits befördert, und haben das Glas auf Dich erhoben. Ein alter Mann war die letzte Rolle, mit der Du Dich von der Bühne verabschiedet hast: der lange arbeitslose Schauspieler Ulrich Bunzel, der nicht einmal mehr sein Leben selber spielen darf, weil der Brandauer damit besetzt wurde. Vor drei Wochen hab ich Dich das letzte Mal gesehen, in der Garderobe bei uns im Theater. Du hast eher nebenbei über die neuen Attacken dieses Feindes in Dir gesprochen und warst optimistisch wie immer. Du warst immer eine Kämpferin, die sich das Maul nicht hat verbieten lassen, auch wenn der Preis dafür manchmal sehr hoch war. So wie in der Schlussphase am Deutschen Schauspielhaus, als man Dich fast nicht mehr auf die Bühne gelassen hat und Dich dann - im Nachhinein muss man sagen: klugerweise - vor dem direkten Weg zur Pensionierung bewahrt und Dich noch mal ins Leben hinausgestoßen hat. So ein Comeback hat es für eine gestandene Schauspielerin selten gegeben. Du hast es genossen und bist trotz der steilen Karriere bescheiden geblieben. In der Arbeit wie im Leben immer auf der Suche nach der Wahrheit, nach dem direkten Ton, ohne Pathos, ohne Verstellung und, ganz gegen Deine Herkunft, ohne Wiener Schmäh. Das hat Deine Figuren so besonders gemacht. Wir werden sie vermissen, wie Deine Neugier, die Dich trotz Krankheit angetrieben hat, weil es immer noch was zu entdecken gab, was Du nicht kanntest. Ich stelle mir vor, dass Du jetzt im Himmel sitzt, an dem großen langen Tisch, und Dir alle Rückblicke verbittest, sondern einfach nur wissen willst, wie es weitergeht.

Dein Ulrich Waller

(Intendant des St.-Pauli-Theaters)

Am 24. Mai um 11 Uhr gibt es im St.-Pauli-Theater eine Matinee zu Ehren von Monica Bleibtreu.